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Wer zieht ins AKH ?

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Ein Danaer-Geschenk Helmut Zilks an die Wiener Universität sind die AKH-Gebäude erst dann/wenn sich kein privater Bauträgerfindet. Judaisten, Sinologen warten auf Räume.

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Ein Danaer-Geschenk Helmut Zilks an die Wiener Universität sind die AKH-Gebäude erst dann/wenn sich kein privater Bauträgerfindet. Judaisten, Sinologen warten auf Räume.

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Ein Universitäts-Innenhof nach amerikanischem Vorbild, ein Kultur- und Kommunikationszentrum mit viel Grün und Lebendigkeit — in wenigen Jahren soll das alte AKH in Wien ein neues Gesicht erhalten. Ende Juni unterzeichneten Bürgermeister Helmut Zilk und der Rektor der Universität Walter Holczabek ein Schenkungsabkommen über die gemeindeeigenen Teile des alten AKH — sie sind jetzt in Besitz der Universität.

Bevor eine endgültige Entscheidung über die akademische

Nutzung des Spitalsgeländes fiel, konnten die Stadtplaner unter mehreren Varianten wählen: ein vollständiger Neubau, ein teilweiser Abriß, verbunden mit der Errichtung von Wohnungen, oder eine Revitalisierung der josephi-nischen Anlagen.

Es war der Wunsch des verstorbenen ÖVP-Stadtrates Jörg Mau-the, das alte AKH stehen zu lassen, wie es ist. Stück für Stück sollten Gebäude, die früher Kranken gewidmet waren, besiedelt werden, um „etwas zu errichten, das wirklich gesund ist“. Nach einer mehr als zwanzigjährigen Diskussion scheint nun nicht nur Jörg Mauthes Traum kurz vor der Realisierung zu stehen, sondern könnten auch die längst akut gewordenen Raumprobleme der

Wiener Universität gelöst werden. Wenn es dem Akademischen Senat der Universität gelingt, bis zum Herbst eine Bauträger-Gesellschaft für die Adaptierung des AKH zu finden und die Finanzierung sicherzustellen, dürfte dem baldigen Umzug einiger Universitätsinstitute in die bis zu 250 Jahre alten Gebäude nichts mehr im Wege stehen. So könnte im Herbst 1989 gleichzeitig mit der endgültigen Transferierung der letzten Krankenhaus-Abteilungen und mit dem Einzug jener Institute begonnen werden, die besonders unter Raumnot leiden, etwa die Institute für Sinologie, Japanolo-gie und Judaistik. Sie sind derzeit in angemieteten Wohnungen untergebracht.

Hinderlich für die Einhaltung des Zeitplanes könnte das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Universität und der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft des Bundes, BUWOG, sein. Die BUWOG hätte als Bauträgerin die Organisation von Umbau und Sanierung übernehmen und dann das alte AKH verwalten sollen.

Rektor Walter Holczabek zu den gescheiterten Verhandlungen mit der BUWOG: „In einem Schreiben wurde mir ohne Angabe von Gründen mitgeteilt, daß der Aufsichtsrat sich gegen eine Auftragsannahme ausgesprochen hat. Die Universität wird jetzt andere, wahrscheinlich private Unternehmen bitten, ihr bei Verwaltung und Geldgeschäften zu helfen.“

Private Unternehmen als Bauträger zu gewinnen, wird nicht leicht sein: „Ich glaube nicht, daß es für ein anderes Unternehmen sinnvoll ist, den Auftrag zu den uns angebotenen Bedingungen anzunehmen“, meint Robert Puhr von der BUWOG. Das Angebot der Universität habe keine Kostendeckung garantieren können und sei daher für ein privates Unternehmen nur dann sinnvoll, wenn aus Steuergründen ein Verlustgeschäft angestrebt werde. Steuergründe machen die Sanierung des alten AKH auch für gemeinnützige Bauunternehmen weniger interessant, da im Zuge der Steuerreform die teilweise Steuerbefreiung für die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen zurückgenommen werden könnte.

„Eine erste Phase kleinerer Architekturwettbewerbe könnte noch von der Universität selbst administriert werden“, betont Gerhard Wolf vom Neubau-Referat der Universität. Ohne Bauträ-r ger sei jedoch eine Weiterführung des Projektes durch die Universität allein nicht zu bewältigen.

Das größte Hindernis für die zügige Durchführung der Adap-tierungsarbeiten ist jedoch die noch ungeklärte Finanzierung des Millionenprojekts. An die 400 Millionen Schilling dürften Sanierung und Adaptierung nach einer vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie verschlingen. Rund 175 Millionen werden durch den Verkauf von Spitalsareal an die Österreichische Nationalbank zur Verfügung stehen, die auf dem AKH-Gelän-de eine Druckerei errichten will. Die Unterzeichnung des Verkaufsvertrages zwischen Nationalbank, Bund und Gemeinde wird voraussichtlich im kommenden Herbst stattfinden.

Emil Brix, Leiter des Ministerbüros im Wissenschaftsministerium und Sekretär von Bundesminister Hans Tuppy, hofft, daß Bund und Gemeinde jene „Finanzlöcher“ stopfen werden, die nach dem Grundstücksverkauf noch übrig sind. Zusätzlich ist ja bei den Renovierungskosten zu berücksichtigen, daß viele Gebäude auf dem 110.000 Quadratmeter großen Gelände unter Denkmalschutz stehen. Darüber hinaus ist die Erhaltung der Grünfläche und die Pflege von 550 Bäumen vertraglich festgelegt.

Finanziell erleichternd soll auch das Vermieten von Geschäftslokalen wirken. Kaffeehäuser und Boutiquen würden mehr Leben in die zukünftigen Universitätsgebäude bringen und sicherstellen, daß auch in der Ferienzeit das alte AKH nicht „tot“ ist.

Damit würde die Universität eine weitere Schenkungsbedingung erfüllen, nämlich die einer gemischten Nutzung des Areals, wie sie Bürgerinitiativen und die Bezirksvertretung Aisergrund gefordert hatten. Was die fehlenden 250 Millionen Schilling betrifft, gibt sich Emil Brix zuversichtlich: „Wenn der Universität das Geld ausgeht, muß der Wissenschaftsminister Phantasie entwickeln.“

Unterdessen haben die Architekten Martin Köhler und Ernst Kopper mit der Arbeit an einer Nutzungsstudie begonnen, die Bedarf, Umfang und die zukünftige topographische Anordnung der Universitätsinstitute klären soll. Die Studie wird als Vorgabe für mehrere kleine Wettbewerbe dienen, die voraussichtlich ab Herbst zur Ausschreibung gelangen. Der nächste Schritt in der Planung ist jetzt eine Prioritäten-reihung jener Institute, die den dringendsten Platzbedarf haben. Dem baldigen Umzug sollte also nichts mehr entgegenstehen.

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