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Wertvolle Erfahrungen

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(fmg)-Evaea „vernünftigen Kompromiß" in der Frage der Geheimbischöfe und verheirateten Geheimpriester in der Tschechei und in der Slowakei erwartet der bekannte Moraltheologe Bernhard Häring (80). In einem Gespräch mit der Prager Tageszeitung „Lidove noviny" vertritt Häring die Ansicht, daß die verheirateten Priester in das Leben der Kirche wertvolle pastorale Erfahrungen einbringen können.

„Die tschechischen katholischen verheirateten Priester haben viel Arbeit geleistet, haben viele Gefahren auf sich genommen, deshalb wäre ihre Aufnahme bedeutsam. Wenn Priester aus anderen Kirchen übertreten wollen, dann macht man ihnen gegenüber einfach eine Ausnahme vom Gesetz des Zölibats. Das wäre auch in diesem Fall am Platz", gibt Häring in dem Interview zu bedenken. In diesem Zusammenhang verweist er noch auf das „ungeheure Reservoir an lebendigem Glauben und Erfahrungen" verheirateter Männer als Priester. Die Kirche - so Häring allgemein zum Zölibatsgesetz - laufe Gefahr, junge Leute aufzunehmen, die den Zölibat auf sich nehmen wollen, ohne Rücksicht darauf, ob sie auch die anderen Voraussetzungen zur Ausübung des Priestertums besitzen. Ähnlich argumentiert auch der verheiratete Geheimbischof Fridolin Zahradnik aus

dem böhmischen Rychnov im Adlergebirge (siehe Franz Gansrigier: Jeder war ein Papst, Salzburg 1991).

Entschieden wendet sich Häring gegen die zur Zeit geübte Praxis, für (zölibatäre) Geheimpriester, bei denen Zweifel über die Gültigkeit der Weihe besteht, eine neuerliche Weihe „sub conditione" vorzuschreiben. Eine Weihe „sub conditione" bedeutet, daß noch einmal „bedingt" geweiht wird. Das heißt, man will sicherstellen: war die Erstweihe ungültig, dann gilt die Weihe sub conditione; war sie jedoch gültig, dann hat die Zweitweihe nur bestätigende Bedeutung. Häring zu diesem theologischen Trick: „Wenn bei einigen Ämtern Zweifel über die

Gültigkeit der Weihe dieser verdienten Männer bestehen, dann könnte man auch mit Erfolg an der Gültigkeit der Weihe vieler offizieller Bischöfe zweifeln. In der Kirchengeschichte gab es doch viele geistig kranke Bischöfe, die andere weihten, es gab auch Bischöfe, denken wir an die finsteren Jahrhunderte oder an die Renaissance - , die kaum gewußt haben, was es bedeutet, Bischof zu sein. Die Theologie hat darauf bisher geantwortet, daß Gott nicht an Formalitäten gebunden ist, daß er selbst diese Dinge ergänzen kann."

Letzte Sicherheit bezüglich der Gültigkeit der Weihe könnte die Kirche dadurch schaffen, „daß die Kirche es so will und annimmt". Gerade das ist aber der springende Punkt bei den während der Kommunistenära geheim erteilten Weihen: die jetzige tschechische Hierarchie kann und will - gemäß den bisher noch immer nicht veröffentlichten, vom Papst approbierten Anordnungen der vatikanischen Glaubenskongregation (vom März 1992!, FURCHE 10/1992) -diese Anerkennung nicht geben. Häring jedenfalls spricht in dem „Lidove noviny"-Interview den Untergrundpriestern Mut zu: Der Mensch gehorche Höhergestellten nicht dadurch, daß er feig vor ihnen schweigt, sondern daß er mutig sagt, was er wirklich denkt.

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