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Wetteifern mit neuen Blau-gelb-Modellen

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„Die Leute merken: Da weht jetzt ein neuer Wind“, freute sich Niederösterreichs noch neuer ÖVP-Landes- parteiobmann Siegfried Ludwig kürzlich in Schloß Laxenburg. Sein Grund zur Freude: Die blau-gelbe Volkspartei hatte am 11. Juni ins internationale Konferenzzentrum südlich von Wien geladen, um den Startschuß für eine Leitlinien-Diskussion zu geben. Und auf Anhieb waren fast 500 Leute erschienen.

Ludwig kann sich umso mehr geschmeichelt fühlen, als das, was da nach Laxenburg geeilt war, sich keineswegs nur auf ÖVP-Fußvolk und „schwarze“ Prominenz beschränkte. Ihr interesse an der ÖVP und ihrem künftigen Programm „Modell Niederösterreich - ein schönes Stück Zukunft“ bekundeten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Sie hatten in Laxenburg nicht nur ihre Referenz erwiesen, sondern durch ihr Kommen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit bekundet.

Zweifellos will Siegfried Ludwig mit dem „Modell Niederösterreich“ - quasi „Schwarzen Markierungen“ für einen Weg mit Ludwig an der Spitze ins nächste Jahrzehnt - zeigen, daß in Niederösterreich eine neue Ära angebrochen ist: Die Ära Ludwig eben. Und diese Ära soll sich von allem, was vorher war, klar und deutlich abheben. Nicht nur durch Umbesetzungen in den Spitzenpositionen, auch durch ein neues Arbeitsprogramm.

Nun, ganz so neu ist die Idee vom „Modell“ doch wieder nicht. Mitte der siebziger Jahre entwarf die Steirische ÖVP unter Parteichef Friedrich Nie- derl das erste Modell - und prägte damit jenen Arbeitsstil, der jetzt nicht nur ÖVP-intern kopiert wird: Offenheit für alle, auch für Nichtparteimitglieder, bei der Diskussion, Heranziehen von Experten und schließlich auch von möglichst vielen Bürgern. Damit sich mit den erarbeiteten Zielvorstellungen eben möglichst viele Bürger - sprich: Wähler - identifizieren können …

Denn letztlich wird das „Modell“ natürlich als Wahlpiattform für die Landtagswahlen 1984 dienen. Dafür soll es zeitgerecht im Frühjahr 1983 fertig werden.

Nach dem Zeitplan von ÖVP-Lan- desparteisekretär Walter Zimper muß das „Modell“ vorher einige wichtige Stationen durchlaufen: Erst Expertendiskussion bis Frühjahr 1982, dann Erstellung eines Entwurfs, der bis Herbst/ Winter 1982 in den Bezirken diskutiert und von der Basis her ergänzt werden soll (Ludwig: „Zu dieser Diskussion sind alle Niederösterreicher eingeladen, jeder kann seine Vorschläge machen!“). Dann soll die Endredaktion folgen.

Nach den Sommerferien sollen also 18 Arbeitskreise die Problemgebiete „Arbeit und Wirtschaft“ (politischer Leiter: ÖGB-Vize Hans Gassner), „Die Welt um uns“ (LHStv. Erwin Pröll)

und „Anders leben“ (Wirtschaftsbund- Generalsekretär Wolfgang Schüssel) durchleuchten.

Schon in Laxenburg merkte man, daß es gar nicht so einfach sein dürfte, „gewachsene“ Parteifunktionäre mit Vertretern der „Grünen“ oder kritischen Jugendlichen an einen Tisch zu bringen: Zum Auftakt fürs „Modell Niederösterreich“ referierte der Soziologe Leopold Rosenmayr, dessen unkonventionelle Aussagen über die ■ Landwirtschaft ebenso zu heftigen Pausendiskussionen führten wie Umweltschützer Peter Weish’ Kritik an der bisherigen Energiepolitik (NEWAG- Chef Rudolf Gruber befand sich als Experte unter den Zuhörern).

Aber „grün“ und .jugendlich“ soll das „schöne Stück Zukunft“ eben sein, Und das kostet auch etwas. Zumindest ein gewisses Umdenken und sicher auch Nerven.

Der blau-gelbe Landesbürger wird aber bei den Landtagswahlen 1984 nicht nur das .„Modell Niederösterreich“ als Partei-Entscheidungshilfe serviert bekommen. Auch die SPÖ arbeitet schon seit Februar an neuen Leitlinien für ihre künftige Arbeit - wie sie hofft - als stärkste Partei im Land unter der Enns. Der Titel dieses Programms: „Niederösterreich ,90’“.

Auch von der SPÖ soll durch ein neues Arbeitsprogramm der Beginn der neuen Ära unter Leopold Grünzweig dokumentiert werden. Grünzweig hat das schon nach seiner Wahl zum neuen Landesparteichef nach Hans Czettels Tod im Herbst 1980 angekündigt: „Wir wollen eine Standortbestimmung durchführen und den Niederösterreich- Plan der SPÖ für die Zukunft überarbeiten.“

Schon am 3. Oktober wird über einen Erstentwurf der neuen niederösterreichischen „Roten Markierungen“ für eine Zukunft mit Leopold Grünzweig ein Landesparteitag diskutieren. Auch das Parteifußvolk darf dann mitreden. Bis Ende 1982 soll „Niederösterreich ,90*“ fertig sein.

Wie nicht anders zu erwarten, gleichen die Problembereiche des roten „Niederösterreich ,90“‘ denen des schwarzen „Modells“: Arbeitsplätze, Wirtschaft, Umwelt. Vielleicht wird vorerst in den SP-Leitlinien die Energiefrage mehr betont.

Auf einen Unterschied macht ÖVP- Landesparteisekretär Zimper natürlich aufmerksam: Während Ludwig selbst fürs „Modell“ verantwortlich zeichnet, leitet die Arbeit an „Niederösterreich ,90’“ AK-Präsident Josef Hesoun - und nicht Parteichef Grünzweig.

Ein Unterschied, der unvoreingenommenen Beobachtern auffällt: Während man sich in der SPÖ immer wieder auf Hans Czettel beruft, endet die ÖVP-Vergangenheit unter Siegfried Ludwig bei Julius Raab und Leopold Figl. Uber die jüngere Vergangenheit schweigt man …

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