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Wichtiger als Posten ist das Wie

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„Die ÖVP will uns fressen, die SPÖ nicht.“ Diese Überlegungen — besser: Angst — gab für die Entscheidung der FPÖ, vorrangig eine Regierungskoalition mit den Sozialisten anzustreben und einzugehen, den Ausschlag — vor zwanzig Jahren.

Das Argument stammt vom ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Heinrich Zechmann und fiel im Verlauf jener Beratungen, in denen die FPÖ anläßlich der Habsburg-Krise 1963 versuchte, mit der SPÖ handelseins zu werden.

Zwanzig Jahre später wähnt sie sich am Ziel. Nach der Wahl vor die Wahl gestellt, zwischen SPÖ und ÖVP zu entscheiden, haben die freiheitlichen Parteigremien erneut den Sozialisten den Vorzug gegeben.

Die Voraussetzungen haben sich geändert, aber die Angst ist gleichgeblieben, vielleicht ist sie nach dem 24. April sogar wieder größer geworden: Ehemalige FPÖ-Wähler sind ins Mock-Lager übergelaufen.

Diese Angst erklärt aber auch, was sonst nicht erklärbar erscheint: Denn natürlich stehen einander die beiden bisherigen Oppositionsparteien in der Analyse der politischen Probleme und den sich daraus ergebenden Lösungsvorschlägen näher als jede für sich der SPÖ. Und selbstverständlich kann eine FPÖ als Juniorpartner der SPÖ nur ein Minimum ihrer Wahlprogramm-An- liegen durchsetzen.

Zarte Versuche freiheitlicher Politiker wie Helene Partik- Pablė oder Jörg Haider, frei und öffentlich ihre Bedenken gegen den von FPÖ-Obmann Norbert Steger konsequent angestrebten Schulterschluß mit der SPÖ zu äußern, wurden im Keim erstickt. Eine Ausnahme, um die Beratungen nicht zu präjudizieren und zu belasten?

Hoffentlich. Doch die Gefahr, daß die Ausnahme zur Regel wird, besteht. Die beginnenden Koalitionsverhandlungen werden weitere Aufschlüsse bringen müssen: So wesentlich sachliche und personelle Fragen sind, so aufschlußreich werden grundsätzliche Vereinbarungen über Was und Wie der Zusammenarbeit sein.

Will die FPÖ glaubwürdig sein, kann der Sinn einer Zusammenarbeit nicht darin bestehen, den von ihr kritisierten Unsinn der Großen Koalition wieder aufleben zu lassen: ein starres Bündnis, in dem das unumstößliche Gesetz gilt, daß die Koalitionsparteien immer nur miteinander, niemals gegeneinander abstimmen dürfen.

Kann aber eine rot-blaue Regierung in einem weitgespannten koalitionsfreien Raum, wie er parlamentarisch wünschenswert und demokratisch sinnvoll wäre, bestehen?

Dabei geht es letztlich um mehr als um einen Pakt, der das Überleben einer Regierung sichert: Nicht gelähmter, lebendiger muß die parlamentarische Demokratie werden. Sonst wird Parteinutz zum Schaden.

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