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Wider die Passivität

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Verboten von der polnischen Zensur und verurteilt durch Regierungssprecher Jerzy Urban wurde der folgende Artikel. Die FURCHE bringt exklusiv Auszüge aus dem Beitrag des Sprechers der Polnischen Bischofskonferenz, der in der katholischen Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“ nicht erscheinen durfte.

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Verboten von der polnischen Zensur und verurteilt durch Regierungssprecher Jerzy Urban wurde der folgende Artikel. Die FURCHE bringt exklusiv Auszüge aus dem Beitrag des Sprechers der Polnischen Bischofskonferenz, der in der katholischen Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“ nicht erscheinen durfte.

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Die Laien brauchen zur Verwirklichung ihrer apostolischen Tätigkeit — entweder als einzelne oder in Gemeinschaft — bestimmte Verbände und Gesellschaftsformen. Denn der Mensch ist von Natur aus ein gesellschaftliches Wesen. Aus diesem Grund entspricht die gemeinsame apostolische Tätigkeit sowohl den menschlichen als auch den christlichen Anforderungen der Gläubigen.

Es ist daher wichtig, daß die Laien ihre apostolische Tätigkeit auch in Form eines Verbandes verwirklichen können. Das ist auch deshalb ein besonderes Anliegen, — worauf schon das Zweite Vatikanische Konzil aufmerksam machte — „weil die Verkündigung eine gemeinschaftsorientierte Mentalität und gewisse soziale Verhältnisse jener voraussetzt, an die sie gerichtet ist. Ohne diese Gemeinschaft wäre man nämlich oft nicht imstande, sich gegen den Druck der öffentlichen Meinung oder der Institutionen zu wehren.“

In den Vorarbeiten zum Zweiten Vatikanischen Konzil betonte man, daß die Beschäftigung mit sozio-ökonomischen Problemen eine vorrangige Aufgabe der Laien sei, durch die sie — in Ubereinstimmung mit dem göttlichen Heilsplan — die sozio-ökonomi-sche Ordnung erneuern und vervollkommnen.

Zu diesen Aufgaben zählt auch eine politische Tätigkeit — aufgrund persönlicher Verantwortung —, wobei eine echte politische . Meinung, in Einklang mit der Kirche, in der Gesellschaft gebildet wird.

Bei der Verwirklichung dieser Aufgabe müssen die Laien in Ubereinstimmung mit den moralischen Prinzipien handeln, die durch das Naturrecht und die göttliche Offenbarung geprägt sind und durch die Kirche erläutert und verkündet werden.

Aufgabe der Gläubigen ist es demnach, dazu beizutragen, daß eine politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung entsteht, die dem Menschen dient, und immer mehr dazu verhilft, sowohl dem einzelnen als auch den gesellschaftlichen Gruppen die ihnen zustehende Würde zu erlangen.

Die politische Situation im Nachkriegspolen bewirkte, daß heute die Laien in großem Ausmaß das Bewußtsein ihrer ihnen zustehenden Rechte zur Verkündigung und Verwirklichung des Evangeliums in der konkreten Realität verloren haben.

Zahlreiche katholische Verbände und Organisationen wurden seither aufgelöst oder verboten. Die Gläubigen selbst wurden oft an den Rand des öffentlichen Lebens gedrängt, was ihre Passivität gegenüber den gesellschaftlichen Problemen bewirkte.

Die gesetzliche Möglichkeit zur Gründung, freier Verbände ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, daß sich die Gläubigen aktiv am öffentlichen Leben und an der Lösung der gesellschaftlichen Probleme beteiligen können — sei es als Einzelperson oder innerhalb von Verbänden.

In der jetzigen Situation, da unser Land eine Mobilisierung aller gesellschaftlichen Kräfte dringend nötig hat, um die vielfältigen Krisen zu überwinden, könnte die Gründung von Verbänden (im Rahmen der Diözesen) — der Angestellten und Bauern, der Jugendlichen und Studenten — eine neue Chance bieten, die einer breiten Verständigung und Konsolidierung der Beziehungen zwischen Regierung und Gesellschaft, zwischen Kirche und Staat, dienen könnte.

Die bis jetzt existierenden Gruppierungen — unabhängige oder abhängige — reichen dazu nicht aus.

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