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Wie die Parteien die Wirtschaft sehen

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In der politischen Konzeption d,er Parteien und Interessenverbände nehmen die Fragen der Wirtschaftsordnung eine immer wichtigere Rolle ein. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß politische Parteien eher dazu neigen, sich nicht so ganz eindeutig auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung festzulegen, sondern mehr konkrete wirtschaftspolitische Zielsetzungen aufzeigen. Dagegen zeigen die großen Interessenverbände, so sie sich in Grundsatzprogrammen festlegen, eher eine deutlichere Orientierung.

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In der politischen Konzeption d,er Parteien und Interessenverbände nehmen die Fragen der Wirtschaftsordnung eine immer wichtigere Rolle ein. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß politische Parteien eher dazu neigen, sich nicht so ganz eindeutig auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung festzulegen, sondern mehr konkrete wirtschaftspolitische Zielsetzungen aufzeigen. Dagegen zeigen die großen Interessenverbände, so sie sich in Grundsatzprogrammen festlegen, eher eine deutlichere Orientierung.

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Das Salzburger Programm der ÖVP ist vor allem in seinen Aussagen zur Eigentumsordnung marktwirtschaftlich konzipiert. Dabei wird sehr konsequent in der möglichst breiten Eigentumsstreuung auch ein wichtiges Ordnungselement einer Marktwirtschaft gesehen. Es ist eine marktwirtschaftliche Konzeption mit starker Betonung der sozialen Seite: die Ausübung des Eigentumsrechtes des einzelnen müsse im übergeordneten Interesse der Allgemeinheit und im Rechte des Mitmenschen auf Eigentum seine Grenzen finden.

Im übrigen tritt eine dynamische sozialpolitische Zielsetzung in diesem Salzburger Programm hervor. Ähnliches gilt für den Plan 3 „Qualitative Marktwirtschaft“ aus dem Jahr 1974. Die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer qualitativen sozialen Marktwirtschaft ist vor allem auf den Menschen bezogen: Es werden die Grenzen des rein mengenmäßigen Wachstums ebenso aufgezeigt wie auch die Notwendigkeit, Produktion und Dienstleistung qualitativ zu verbessern.

Daß dies gerade für den modernen Sozialstaat gilt, der seine Grenzen in der Leistungsfähigkeit der sozialen Einrichtungen gerade etwa bei den sozialen Berufen, gegeben sieht, kennzeichnet den Realismus einer solchen politischen Konzeption.

Die FPÖ hat mit ihrem freiheitlichen Manifest zur Gesehschaftspoli-tik eine vielleicht noch deutlichere marktwirtschaftliche Ordnungsvorstellung zum Ausdruck gebracht. In einer scharfen Kritik „linker Utopisten“ wird der hauptsächliche Irrtum sozialistischer Ordnungsvorstellungen darin gesehen, daß der Mensch als Produkt der Umwelt und der Produktionsverhältnisse betrachtet wird.

Die FPÖ sieht im handlungs- und entscheidungsfähigen Menschen das zentrale Element auch der wirtschaftlichen Ordnung. In dem Sinn wird ein „genügend großer Spielraum des eigenverantwortlichen Unternehmers“ als entscheidend für eine leistungsfähige Wirtschaft angesehen. Eingriffe in die Wirtschaft werden so weit bejaht, als sie darauf abzielen, „eine funktionierende soziale Marktwirtschaft zu sichern“.

Von ganz anderer Art sind die ordnungspolitischen Vorstellungen der SPÖ. Die planwirtschaftliche Tendenz der sozialistischen Konzeption der fünfziger und sechziger Jahre mag zurückgetreten sein, geblieben ist die Hoffnung auf den interventionistischen Staat. So wird im neuen Programm der SPÖ aus dem Jahr 1978 gesagt, daß die effiziente Bereitstellung von erwünschten Gütern und Leistungen nur dann gewährleistet sei, „wenn der wirtschaftliche Prozeß durch die planende Gesellschaft demokratisch bestimmt wird“.

Man will zwar die Entscheidungsund Eigentumsverhältnisse so gestalten, „daß einerseits die größtmögliche Entfaltung und Mitverantwortung der einzelnen, anderseits die Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele möglich wird“. In Theorie und Praxis zeigt sich allerdings das Uberwiegen des Interventionismus. Die Marktwirtschaft wird überwiegend negativ kritisiert.

Auch im Programm spricht man von Fehlentwicklungen der Marktwirtschaft, bei denen es nicht genüge, sie im nachhinein zu korrigieren. Wo Produktions- und Investitionsentscheidungen vor allem am erwarteten Gewinn ausgerichtet seien, würden immer wieder Arbeitslosigkeit, Inflation und Stagnation auftreten. Die Erfahrungen von Ländern mit hoher Wohlstandsentwicklung wie der Schweiz bestätigen nicht gerade diese These.

Die marktwirtschaftliche Konzeption des Grundsatzprogramms der österreichischen Handelskammerorganisation aus dem Jahr 1978 ist auf den „unternehmerischen Menschen“ bezogen, der bereit ist, „Erfolge zu erzielen, aber auch für die Mißerfolge des eigenen Handelns einzustehen“. Mit diesem Menschenbild, das nicht hur den selbständigen Unternehmer erfassen will, ist die Vorstellung von Risikofreude, Leistungsbereitschaft, Phantasie und Unternehmungslust verbunden, vor allem aber die „Abneigung gegenüber einer von außen geplanten Existenz“.

„In Theorie und Praxis zeigt sich das Überwiegen des Interventionismus“

Vielleicht läßt sich sagen, daß den Parteien und den Verbänden bei der neueren gesellschaftspolitischen Konzeption, insbesondere was die Wirtschaftsordnung anbelangt, eines gemeinsam ist: die allgemeinen Zielsetzungen treten etwas zurück vor der konkreten Planung wirtschafts-und sozialpolitischer Maßnahmen.

Für die neuen Alternativprogramme der ÖVP ist im übrigen kennzeichnend, daß bei aller Differenzierung versucht wird, die einzelnen Zielsetzungen in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Dies wird etwa im einkommenspolitischen Programm deutlich, das hervorhebt, daß sich die soziale Marktwirtschaft als jenes System bewährt habe, das dem einzelnen die meisten Entfaltungsmöglichkeiten bietet, vielfältige Chancen für leistungsgerechte Einkommen gewährt und ein hohes Maß von persönlicher, wirtschaftlicher und-politischer Freiheit bei sozialem Ausgleich garantiert.

Für die ordnungspolitischen Vorstellungen des ÖGB, die vor allem auch im Rahmen der Gewerkschaftskongresse formuliert werden, zeigt sich ein deutlicher Vorrang der Arbeitsplatzsicherung und der Reallohnsteigerung. Gegenüber den fünfziger und sechziger Jahren läßt sich eine gewisse Abkehr von einer plan-Wirtschaftlichen Ordnungsvorstellung feststellen, dennoch überwiegen die interventionistischen Zieh Setzungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Gemeinsam ist der Konzeption der politischen Parteien und der großen Interessenvertretungen im wesentlichen das Bekenntnis zur Sozialpart-

„Es ist der Sozialrealismus, der in dieser Sozialpartnerschaft vorherrscht“ nerschaft, die zumindest in gewissem Umfang auch für die Wirtschaftsordnung ein Mindestmaß an gemeinsamen Wertvorstellungen in sich schließt. Ist doch mit dieser Sozialpartnerschaft auch das Bekenntnis zu einer weitreichenden Stabilität der gegebenen Ordnungselemente in der Wirtschaft verbunden.

Sozialpartnerschaft bedeutet in der österreichischen Praxis mehr als die Zuerkennung eines hohen Wertranges für den sozialen Frieden. Diese' Sozialpartnerschaft läßt sich nur verwirklichen, wenn eine gewisse Kontinuität auch im rechtlichen und institutionellen Rahmen der Volkswirtschaft gegeben ist.

Wer weiß, wie sich die Sozialpartner gegenüber den politischen Parteien in der Frage einer Verlängerung der Wirtschaftsgesetze mit nur begrenzten Änderungen durchgesetzt haben, kennt auch die hohe Einschätzung einer gewissen Kontinuität.

Es ist der Sozialrealismus, der in dieser Sozialpartnerschaft vorherrscht, der radikalen parteipolitischen Zielsetzungen eine Grenze setzt. Dies mag auch im Interesse des doch überwiegend marktwirtschaftlich geordneten Wirtschaftssystems in Österreich liegen, das bei allem Interventionismus dennoch bedeutsame marktwirtschaftliche Impulse bestehen läßt.

Kurz notiert...

Von insgesamt neun DC-9-80 werden die Austrian Airlines im Sommer 1980 die erste in ihre Flotte aufnehmen. Für drei weitere Flugzeuge dieses Typs bestehen Optionen. Mit der sukzessiven Auslieferung der „Achtziger“ werden fünf DC-9-32 an die amerikanische Luftverkehrsgesellschaft Texas International Inc., Houston, abgegeben.

VÖEST-Alpine und Chemie Linz haben dieser Tage in Moskau eine ständige Vertretung offiziell eröffnet. Mit dieser neuen ständigen Vertretung sollen die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden österreichischen Unternehmungen und ihren sowjetischen Partnern weiter intensiviert werden.

Der Vorstand der Girozentrale wurde in der letzten Aufsichtsratssitzung in seiner derzeitigen Zusammensetzung (Dr. Karl Pale, Vorsitzender, Dr. Walter Fremuth, stellvertretender Vorsitzender, sowie Dr. Karl Ludwig und Dr. Theoderich Mellich als Vorstandsmitglieder) auf weitere fünf Jahre bestellt.

Längere Dienstverhältnisse überwiegen in Österreich: 73 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen sind seit mindestens drei Jahren beim gleichen Dienstgeber tätig. Das ist das Ergebnis einer Mikro-Zensus-Erhebung des Statistischen Zentralamtes vom Juni 1978 (ÖGB).

Ein Zehntel aller Wiener Beschäftigten waren im Jahr 1978 Gastarbeiter. Spitzenreiter in der Gastarbeiterbeschäftigung ist mit 17,6 Prozent weiterhin Vorarlberg. Insgesamt reduzierte sich die Zahl der Ausländer 1978 gegenüber 1977 um rund 13.000 auf 176.000, ihr Anteil ging damit in ganz Österreich von 6,9 Prozent auf 6,4 Prozent zurück.

Die 6-Millionen-Grenze hat die

Zahl der Arbeitslosen in den Europä-ischen-iGemeinsehaften überschritten. Während in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen gegenüber 1977 leicht zurückging, stieg sie in Dänemark, Italien, Frankreich und Belgien wieder deutlich an. (Pd I)

Die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS revidieren nun ihre Prognosen für 1979. Dadurch entsteht nun ein etwas besseres Bild der österreichischen Wirtschaft. Das

Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet mit einem Ansteigen des Wirtschaftswachstums um 3,5 Prozent (im Dezember glaubte man noch an drei Prozent), das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet mit 2,6 Prozent (bisher 2,3). Die Arbeitslosenrate wird laut WIFO heuer lediglich 2,2 Prozent ausmachen (Dezember-Prognose: 2,4). Das IHS änderte die diesbezüglichen Zahlen von 3,1 auf 2,4 Prozent. Die Inflation soll nach Meinung beider Institute jedoch einen höheren Anstieg aufweisen, als bisher angenommen: anstatt drei Prozent gibt das WIFO nun 3,5 Proxent an, während das IHS auf 3,4 Prozent statt - wie ursprünglich angenommen - drei Prozent tippt. Eine stärkere Inflation wird derzeit vor allem wegen der Preiserhöhung der erdölexportierenden Länder

(OPEC) angenommen.

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