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Wie entsteht ein Wechselkurs?

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Der Dollar fällt! Der Franken steigt! Yen und DM auch! Wieso eigentlich? Wann geschieht das eine, wann das andere? Der Autor dieses Beitrages, Fachmann der Nationalbank und später Direktor der Donaubank, läßt uns einen Blick hinter die Kulissen der Wechselkursbildung tun.

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Der Dollar fällt! Der Franken steigt! Yen und DM auch! Wieso eigentlich? Wann geschieht das eine, wann das andere? Der Autor dieses Beitrages, Fachmann der Nationalbank und später Direktor der Donaubank, läßt uns einen Blick hinter die Kulissen der Wechselkursbildung tun.

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In den Schlußfolgerungen der Präsidentschaft des Europäischen Rates anläßlich der Sommertagung in Bremen wurden die Grundlagen für die Schaffung eines Europäischen Währungssystems behandelt, das den Mitgliedsländern eine eigenständige Währungspolitik auf breiterer Grundlage gestatten soll. Gleichzeitig wurde auch gesagt, daß Nichtmitgliedsländer mit starken wirtschaftlichen und finanziellen Bindungen zur Gemeinschaft als •assoziierte Mitglieder am System teilnehmen können.

Dieser Passus könnte es z. B. Österreich gestatten, sich auf einer regionalen Basis an einer Währungsgemeln-schaft zu beteiligen, die den Bedürfnissen unseres Landes konkreter entsprechen könnten, als weltweite Institutionen wie der Internationale Währungsfonds oder die allzu enge Anlehnung an eine einzelne Währung wie z. B. die Deutsche Mark. Durch eine solche Neuorientierung wäre auch die Wechselkursbildung institutionell gelöst.

Im Abkommen über den Internationalen Währungsfonds (IWF) war seinerzeit festgelegt worden, daß jedes Mitgliedsland eine sogenannte „Parität“ festlegt, d. i. ein festes Verhältnis zum US-Dollar, zum Gold oder zu beiden. Dies erfolgte nach eingehenden Verhandlungen mit dem Fonds unter Zugrundelegung einer komplizierten, vom Fonds entwickelten Formel, für Österreich wurde am 4. Mai 1953 erstmals eine Parität des Schillings mit S 26,- - 1 US-S fixiert, die bis zur Schillingaufwertung am 9. Mai 1971 in Kraft war.

Die Notenbank eines jeden Mitgliedslandes war verpflichtet, diese Parität nur nach Rücksprache mit dem Fonds abzuändern und auf den Devisenmärkten ihres Landes keine Wechselkurse für Währungen der Fondsmitglieder zuzulassen, welche die festgelegten Paritäten um mehr als ein Prozent über- oder unterschritten.

Solche als Interventionen bezeichneten Devisenan- und Verkäufe der Notenbanken an den Devisenmärkten erfolgten aber nur an den Enden der Bandbreiten über Betreiben der Noteninstitute. Dieses System funktionierte so lange, als die Notenbanken bereit waren, Dollars nicht nur abzugeben, sondern auch anzukaufen, und das zu einem maximal ein Prozent über oder unter der Parität hegenden, also festen Kurs.

Als sie nicht mehr gewillt waren, dies angesichts der wachsenden Zahlungsbilanzdefizite der USA, des steigenden Dollarangebotes und der im August 1971 erfolgten Einstellung der Dollarkonvertierungen in Gold zu tun, begannen die Wechselkurse zu schwanken und auseinanderzulaufen. Die

Schwankungen in vertretbaren Grenzen zu halten, ohne jedoch einen von der längerfristigen Marktentwicklung abweichenden Verlauf herbeizuführen, war das vordringlichste Anliegen der Notenbanken.

In dieser Situation schuf sich die Oesterreichische Nationalbank einen Orientierungsbehelf für ihre Wechselkurspolitik, der in der Folge das Interesse anderer Länder und auch des IWF auf sich zog. Ausschlaggebend für ihre Überlegungen der Nationalbank war der ihr vom Gesetzgeber in S 2, Abs. 3, des Nationalbankgesetzes gegebene Auftrag, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß der Wert des österreichischen Geldes in seiner Kaufkraft im Inland sowie in seinem Verhältnis zu den wertbeständigen Währungen des Auslandes er-: halten bleibt.

Es wurde also eine Anzahl von Ländern ausgewählt (Großbritannien, Schweiz, Italien, Bundesrepublik Deutschland, Holland und Schweden) und die Summe der Anteile dieser Länder bzw. Ländergruppen am österreichischen Außenhandel gleich 100 gesetzt. Für jedes Land wurde dann ein seinem Hundertsatz entsprechender Koeffizient errechnet - als Gewichtungsfaktor für die perzentuelle Veränderung des Dollarkurses an den Devisenmärkten des betreffenden Landes gegenüber einem Basisdatum.

Dieser „Indikator“ erfuhr hinsichtlich seiner Zusammensetzung im Lauf der Jahre diverse Änderungen. An der Grundkonzeption hat sich bis heute nichts geändert.

Wohl sind Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten die Schlüsselgrößen für die Kursentwicklung allgemein. Der Kreis der für die Wirtschaft und den Devisenhandel wichtigen Fremdwährungen reduziert sich jedoch auf den Dollar, die D-Mark und den Schweizer Franken. In diesen Währungen erfolgt auch fast zur Gänze die Aufnahme von Auslandskrediten. Da die Aufnahme dieser Kredite (mit Ausnahme jener des Bundes) von der Nationalbank bewilligt werden muß, verfügt die Notenbank auch über die Möglichkeit, das aus dem Kapitalverkehr stammende Devisenangebot zu lenken.

In der Praxis ist weniger die Lenkung durch die Notenbank Stein des Anstoßes bei der Wirtschaft als vielmehr die starke DM-Orientierung in der Kurspolitik, die sich aus der Konstruktion des Indikators erklärt.

Vieles spricht für eine Beteiligung Österreichs an dem zu schaffenden gesamteuropäischen Währungssystem, wenn auch nach den Erfahrungen mit der währungspolitischen Konzeption der EWG in der Vergangenheit eine Portion Skepsis angebracht erscheint. Sollte lediglich die bisher als „Schlange“ bekannte Wechselkursverbindung der BRD, Dänemarks und der Bene-luxländer aufrecht bleiben, ansonsten aber nur unverbindliche Absichtserklärungen Großbritanniens, Frankreichs und Italiens für eine spätere Beteiligung vorliegen, dann wäre Österreich gut beraten, mit einer Assoziierung abzuwarten.

Ein Ausbau des Indikators in Richtung einer Verfeinerung durch Erweiterung des Währungskorbes ist dem ungewissen Schicksal einer monetären Blockbildung vorzuziehen.

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