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Wie hilft man den Behinderten am besten?

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Die Schulversuche im Bereich der Sonderschule umfassen mehrere Modelle: Neben jenem der Leistungsdifferenzierung („Differenzierte Sonderschule“) entspringt der Schulversuch „Einjähriger Lehrgang zur Erlangung des Abschlusses der 4. Hauptschulklasse (Zweiter Klassenzug) für Schüler der Allgemeinen Sonderschule“ dem Bestreben, dem einzelnen in jeder Phase seiner Entwicklung Chancen zur Verbesserung, zur Korrektur zu bieten.

Nicht selten stellt sich in den oberen Klassen der Sonderschule heraus, daß Schüler dank ihrer guten Arbeitsleistung und ihres verbesserten Sozialverhaltens durchaus zum Abschluß der vierten Hauptschulklasse im Zweiten Klassenzug befähigt wären. Die Rückführung dieser Schüler in Hauptschulklassen erwies sich aus Gründen einer zu geringen Integrationsmöglichkeit in die neue Gemeinschaft als nicht erfolgreich. Statt dessen sollen nun alle jene Schüler aus der Sonderschule zusammengefaßt werden, die im Laufe ihrer Schulzeit eine gute Arbeitshaltung erworben haben. Sie werden von heilpädagogisch interessierten Hauptschullehrem nach dem Lehrplan der vierten Hauptschulklasse des Zweiten Klassenzuges unterrichtet. Ziel dieses Schulversuches ist die Verbesserung der Berufsstartchancen und damit Förderung des einzelnen.

Der Versuch „Vorbereitungsklasse an Sonderschulen“ ist aus denselben Gründen installiert worden wie jener der „Vorschulklassen“ (siehe FURCHE Nr. 14): „Erfassung aller schulpflichtigen Kinder, die im ersten Jahr der gesetzlichen Schulpflicht selbst die Voraussetzungen für den erfolgreichen Besuch einer I. Klasse Sonderschule nicht erfüllen.“ Gezielte heilpädagogische Förderung soll zumeist milieubedingte Entwicklungsrückstände aufholen.

Ebenfalls als Schulversuch wurde die „Neigungsgruppe Leibesübungen in der 7. und 8. Klasse“ eingeführt. Man erhofft sich von diesem zusätzlichen Angebot an Leibesübungen neben dem Korrigieren von Haltungsschäden - Stadtkinder leiden wegen der allgemeinen Bewegungsarmut und zivilisationsbedingten Einseitigkeit besonders oft dartion sowie erethische Kinder sollen in ihren Bewegungsfunktionen gefördert werden.

Seit langem versucht man, die bestehenden Barrieren zwischen gesunden und behinderten Kindern abzubauen, etwa durch gemeinsame Erziehung im Kindergarten und in der Schule. Die Befürworter dieses Modells wollen schon in der Kindergesellschaft der Rücksichtnahme auf die Behinderten gegenüber dem Wunsch nach Selbstbestätigung, Eigenleistung und persönlichem Erfolg zum Durchbrach verhelfen.

Prof. Andreas Rett, Vorstand der Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder des Neurologischen Krankenhauses Rosenhügel, dagegen hat tagtäglich die Realität vor Augen und weist diesen Weg als nicht zielfüh-rend entschieden zurück: „Soziales Lernen findet nicht statt Normale Kinder zeigen ihr Wissen.“ Das behinderte Kind bleibt zurück.

Fazit: Die Kluft zwischen normalen und behinderten Kindern weitet sich, die Konkurrenzsituation verschärft sich und es kommt zu schwersten seelischen Störungen der Behinderten. Dir Minderwertigkeitsgefühl läßt solche Kinder in tiefste Aggression und Depression fallen. In Bologna habe man ein derartiges integriertes Modell aus eben diesem Grund bereits wieder aufgelöst.

(Die bisherigen Beiträge dieser Serie erschienen in den Nummern 10(17. März), 14 (4. April) und 16(18. April) der FURCHE. Weitere werden folgen.)

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