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Wie man eine Firma gründet

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Ende der siebziger Jahre gründete der Autor ein Unternehmen, das solartechnische Produkte herstellt. Derzeit beschäftigt er 50 Mitarbeiter. Im folgenden seine Erfahrungen.

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Ende der siebziger Jahre gründete der Autor ein Unternehmen, das solartechnische Produkte herstellt. Derzeit beschäftigt er 50 Mitarbeiter. Im folgenden seine Erfahrungen.

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Gründungsphase:

Behördenwege: Bringt der Umgang mit Behörden auch für erfahrene Unternehmer oft große Probleme mit sich, stellt er für Jungunternehmer einen scheinbar nicht bewältigbaren Hindernislauf dar. Gute schulische Bildung sowie Informationsaustausch mit erfahrenen Branchenkollegen können dabei Erleichterung bringen. Oft werden informelle Kontakte mit den „richtigen Leuten" als einziger Ausweg angesehen.

Abgaben: Die ersten Sorgen mit Abgaben beginnen schon beim Notar, der den GesmbH-Vertrag aufsetzt. Von den Notar- und Rechtsanwaltskosten kassiert der Fiskus das erste Mal kräftig mit. Kaum von den ersten Sorgen erholt, erfährt man, daß die angesparten 200.000 Schilling und das in die Gesellschaft eingebrachte Auto von nun an vermögensssteu-erpflichtig sind.

AU diese Vorschriften tragen in keiner Weise dazu bei, daß junge Menschen ihre eigene Firma gründen und ihre Ideen verwirklichen können.

Organisation: Die Schaffung einer effizienten betrieblichen Organisation bildet für einen jungen Kleinbetrieb den ersten Prüfstein. Dabei ist eine Vielzahl wichtiger Punkte zu beachten: Kriterien bei der Standortwahl, Beurteilung möglicher Lokalitäten, Beschaffung von Fremdkapital, Entscheidung über Formalitäten der Buchhaltung, Suche und Auswahl der Lieferanten, Aufbau eines Kundenstockes.

Die ersten zwei Jahre:

Kaum sind die Hürden der ersten Zeit einigermaßen bewältigt, muß der frischgebackene Unternehmer feststellen, daß er am besten Wege ist, in seiner ersten Bilanz rote Zahlen zu schreiben. Jetzt sind Mut, aber auch Redekunst besonders notwendig.

Behördenwege: Auch wenn in der Zeit nach der Firmengründung die Häufigkeit der Behördenwege abnimmt, sind sie in fast regelmäßigen Abständen dennoch notwendig. Sie verlangen viel Geduld, sind aber zu meistern. Der einzige Trost liegt darin, daß niemand um sie herumkommt.

Kapital: Bei der nun nötigen Aufnahme von Fremdkapital erscheint dem Kreditsuchenden die schönste Bankfassade grau und häßlich. Ohne 120-prozentige Be-sicherung ist kein Geld zu erhalten. Da kann auch keine noch so optimistisch dargestellte Firmenzukunft weiterhelfen. Nur ein Haus oder ein Grundstück der Eltern oder naher Verwandter wird als Sicherstellung akzeptiert.

Bei der Finanzierungsfrage kann der Fortbestand einer Firma stark ins Wanken geraten. Nicht umsonst müssen die meisten jungen Unternehmen schon in den ersten fünf Jahren ihres Bestandes die Betriebstätigkeit einstellen. Diese Tatsache zeigt, daß neue Lösungen bei der Aufbringung von Risikokapital dringend nötig wären. Ansätze dazu sind schon-vorhanden.

Abgaben: Grundkenntnisse im Steuerrecht und Information über die praktische Handhabung diverser Abgabenerklärungen ersparen nervenraubende Klarstellungen mit dem Finanzamt. Völlig unverständlich erscheint die Tatsache, daß auch ein negatives Firmenvermögen bei der GesmbH eine Vermögensmindestbesteue-rung nach sich zieh.; die Besteuerung einer unumgänglichen Kreditaufnahme also.

Wem leuchtet schon ein, daß man bei der Aufnahme eines ohnehin schon kostspieligen Kredites zusätzlich noch Kreditsteuer zahlen soll? Die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen zur Gewerbesteuer stellt eine ähnlich sinnlose Bestrafung dar.

Organisation: Meist ist die innerbetriebliche Organisation nach den ersten zwei Jahren einigermaßen ausgeprägt. Die eine oder andere Lücke dabei wird durch Fleiß und hohen Einsatz an Arbeitszeit wettgemacht. In diesen beiden Jahren wird die Zweckmäßigkeit der festgelegten Organisationsstruktur im Umgang mit Kunden und Lieferanten ersichtlich.

Wesentliche Faktoren bei der

Unternehmenstätigkeit sind die gesetzten Zielvorstellungen, die mit dem Unternehmensbild übereinstimmen müssen. Sie sind aber einer ständigen Wandlung - den Erfordernissen entsprechend — unterworfen.

Sieht der junge Unternehmer seine Mitarbeiter nicht als Lohnempfänger, sondern als Partner, wird es ihm auch gelingen, sie zu motivieren. Dabei wird er eine tolle Entdeckung machen: Seine Mitarbeiter beginnen betriebswirtschaftlich zu denken: Die Geburtsstunde der Innovation im Betrieb ist da.

Durch viele Diskussionen auch außerhalb der Arbeitszeit identifizieren sich die Mitarbeiter mit den von ihnen erzeugten Produkten. Dabei ergeben sich neue Anwendungsmöglichkeiten, völlig neue Produkte werden geschaffen. Die Tatsache, daß die Mitarbeiter am Entwicklungsprozeß unmittelbar beteiligt sind, ist entscheidend.

Herrscht in einer Firma ein solches innovatorisches Klima vor, werden naturgemäß mehr Ideen diskutiert, als je verwirklicht werden könnten. Die Gefahr der Verzettelung und Zersplitterung droht. Nach vielständigen Diskussionen und Streitgesprächen sollte dann im Hinblick auf die Unternehmenszielsetzungen ein klarer Weg vorgezeichnet werden.

Hat ein Unternehmen dieses Stadium erreicht, kann die Gründungszeit für abgeschlossen gelten. Die Phase des routinierten Firmenalltags beginnt.

Auszug aus „Club Niederösterreich" 1/2/84. Der Autor leitet die Solkav Solartechnik GesmbH.

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