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Wie und für wen?

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Seit drei Jahren wird in Linz das Internationale Bruckner-Fest veranstaltet. Trotz mächtiger kultureller Aufwertung durch das gelobte Bruckner-Haus eine relativ kurze Zeit, in der sich Festspiele etablieren und profilieren sollen. Daher hafteten auch dem Brucknerfest 1976 vom 4. bis 26. September noch gewisse Unsicherheiten an. Die Frage wie und für wen Festspiele in Linz gemacht werden sollen, schien nur zögernd beantwortet. Das unerfüllte Wie zeigte sich am meisten in der Konzeptlosigkeit der Programme, in denen die heuer beabsichtigte Bruckner-Mahler-Linie zu wenig konsequent eingehalten wurde. Und auf der Suche nach dem Publikum findet man wiederum bei der bloß zehn-prozentigen Nachfrage aus dem Ausland für das Wort „International“ keine Entsprechung.

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Seit drei Jahren wird in Linz das Internationale Bruckner-Fest veranstaltet. Trotz mächtiger kultureller Aufwertung durch das gelobte Bruckner-Haus eine relativ kurze Zeit, in der sich Festspiele etablieren und profilieren sollen. Daher hafteten auch dem Brucknerfest 1976 vom 4. bis 26. September noch gewisse Unsicherheiten an. Die Frage wie und für wen Festspiele in Linz gemacht werden sollen, schien nur zögernd beantwortet. Das unerfüllte Wie zeigte sich am meisten in der Konzeptlosigkeit der Programme, in denen die heuer beabsichtigte Bruckner-Mahler-Linie zu wenig konsequent eingehalten wurde. Und auf der Suche nach dem Publikum findet man wiederum bei der bloß zehn-prozentigen Nachfrage aus dem Ausland für das Wort „International“ keine Entsprechung.

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Das heimische Interesse versagte bisweilen teils aus finanziellen Gründen, teils weil der ansonsten fest-spielfreie September, Geburtsmonat Bruckners, für viele noch Ferialzeit bedeutet. Die einheitlichen Preise für die Orchesterkonzerte — trotz gewaltiger Unterschiede bei den Ausführenden — mögen weiterhin die Abnahmebereitschaft beeinflußt haben. Denn ein Böhm-Konzert erwies sich um etwa 450 Schilling als zu billig — die Karten dafür waren schon im Frühjahr vergriffen —, das Bruckner-Orchester hingegen für den gleichen Preis als zu teuer.

Aber die Bruckner-Festspiele in Linz sind mit Salzburg nicht zu vergleichen. Sie sind eine gesamtösterreichische Angelegenheit, schließlich war Bruckner nicht nur Oberösterreicher, sondern eben Österreicher, was auch für die Geldgeber eine Verpflichtung darstellt. Von den fast 5 Millionen Gesamtkosten des Projektes sind nur die Hälfte durch Subventionen von Bund, Land und Stadt gedeckt.

Von den insgesamt 18 Veranstaltungen waren natürlich die 6 Orchesterkonzerte am besten besucht. Immerhin gab es da reizvolle Vergleichsmöglichkeiten der Bruckner-und Mahler-Deuitung. Der durchgeistigten Böhm-Interpretation von Bruckners „Achter“ durch die Wiener Philharmoniker folgte Kurt Masurs vital-diesseitige „Siebente“ mit dem Leipziger Gewandhaus-Orchester, darauf wieder eine effektgeladene „Dritte“ durch den Italiener Aldo Ceccato an der Spitze des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg. Bruckner-Orchesterchef Theodor Guschlbauer bescherte um Bruckner die Linzer Erstaufführung der Symphonie Nr. 9 op. 111 aus 1971 des 86jährigen, 1974 verstorbenen Egon Wellesz, ein formfestes, ernstes Werk der gemäßigten Moderne von imponierender Einf allskraft und Instrumentationskunst. Am Ende des Bruckner-Festes standen schließlich Mahler-Gegenüberstellungen: die aufwendige „Achte“ — ebenfalls erstmals in Linz — durch Kurt Wöss mit den- Münchner Philharmonikern und die „rätselhafte“ „Sechste“ durch Bernhard Haitink am Pult des Concertgebouworcbesters Amsterdam.

Einige Bruckner-Aufmerksamkeiten teils am Rande bereiteten Tom Krause an seinem Liederabend, Paul Badura-Skoda an seinem Klavierabend und das zugkräftige, weil in St. Florian gastierende Prager Streichquartett, das vermehrt um den Bratscher Hubert Simacek immerhin Bruckners kammermusikalisch gewichtiges Streichquintett in F-Dur darbot.

Mit den wenig gefragten Konzerten, soweit sie nicht in St. Florian stattfanden, hatte man Sorgen. Leere Reihen gab es beim Berliner Oktett aus der DDR, bei dem führenden Organisten der Niederlande, Albert de Klerk, und beim souveränen Rundfunkchor aus Stockholm, dessen Abend im Brucknerhaus zum Unterschied von dem in St. Florian, wo auch das zweite Vokalensemble von Weltrang, der Monteverdi-Chor aus London, faszinierte, mit Freikarten-benützern wattiert werden mußte. Bereichernde Rahmenveranstaltungen des Festes waren ein Rezitationsabend von Klaus Maria Brandauer, eine Ausstellung über die Wiener Philharmoniker, deren Eröffnung eine Ansprache von Karl Böhm persönlich Glanz verlieh, und ein Orgel-Improvisationskonzert an der Bruckner-Orgel in St. Florian, wo Stiftsorganist Augustinus Franz Kropfreiter sich mit Kurt Neuhauser aus Kufstein und Walter Pach aus Wien das Themenspiel um Bruckner teilte.

Die fast geglückten Festspiele in Linz sind zu Ende. Dieses mahnt im Lande Anton Bruckners zu einem neuen Beginn für die künftigen Internationalen Brucknerfeste, an denen es noch manches zu korrigieren gilt.

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