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Wieder Mut zum Risiko
Durch den anhaltenden Wohlstand befindet sich ein beträchtliches Vermögen in privater Hand. Immer mehr Sparer kaufen Wertpapiere statt ihr Geld ins Sparschwein zu stekken.
Durch den anhaltenden Wohlstand befindet sich ein beträchtliches Vermögen in privater Hand. Immer mehr Sparer kaufen Wertpapiere statt ihr Geld ins Sparschwein zu stekken.
Das erste Halbjahr 1985 brachte der Wiener Aktienbörse einen ungewöhnlichen und auch von keinem Experten erwarteten Aufschwung. Eine lebhafte Geschäftstätigkeit und kräftige Kurssteigerungen verblüfften die Beobachter.
Für dieses überraschende Ereignis gibt es unmittelbare Anlässe: Die professionellen Anleger sahen vorerst keine interessanten Gewinnchancen mehr auf den großen Märkten und wandten sich den kleineren Plätzen zu. So rückte Wien in den Mittelpunkt des Interesses.
Aber auch das Interesse eines relativ großen inländischen Publikums verdient Beachtung. In den Wertpapierabteilungen der Banken registrierten die Betreuer
Kauf antrage von Kunden, die bislang für Aktien kein Interesse gezeigt haben.
Diese beiden Erscheinungen machen deutlich, daß der österreichische Sparer von heute nicht mehr dem gewohnten Bild eines Sparbuchbesitzers entspricht, der vielleicht gelegentlich ein festverzinsliches Wertpapier kauft: Noch vor einigen Jahren waren dreißig- oder vierzigtausend Schilling eine beträchtliche Summe, die man selbstverständlich auf ein Sparbuch legte oder für den Kauf von inländischen Anleihen verwendete.
Hier spielt auch eine weitere Konsequenz der bereits vierzig Jahre dauernden Aufbau- und Konsolidierungsphase mit. Der übliche Lebensablauf des einzelnen zeigte in den ersten Jahren die Notwendigkeit der Schaffung einer Existenz. In dieser Phase sind die Einkünfte noch klein, die Ausgaben verhältnismäßig groß. Eine zentrale Rolle spielte die Anschaffung wie die Einrichtung einer Wohnung. .
Dieses Schema stimmt, heute nicht mehr unbedingt. In zahlreichen Familien werden bereits Wohnungen oder Eigenheime vererbt, so daß für die nachwachsenden Jungen eine entscheidende Belastung nicht selten wegfällt oder zumindest stark reduziert wird.
In diesem Zusammenhang muß man festhalten, daß die österreichischen Privathaushalte in ihrer Gesamtheit keine Nettoverschuldung aufweisen: Die Ausleihungen an Private liegen derzeit bei rund 200 Milliarden Schilling. Allein die Sparguthaben dieser Personengruppe betragen aber mindestens 300 Milliarden Schilling.
Der Umlauf an österreichischen Anleihen umfaßt mehr als 500 Milliarden Schilling. Mindestens 100 Müliarden gehören privaten Anlegern. Zwei Vermögenskategorien - die Spareinlagen und die inländischen Wertpapiere - ergeben ein Kapital von 400 Milliarden Schilling. Das ist das Doppelte der Kreditsumme, die von allen österreichischen Privathaushalten in Anspruch genommen wird. Und in dieser Betrachtung sind Eigentumswohnungen, Schmuck oder ausländische Wertpapiere nicht berücksichtigt.
Die Daten der Statistik zeigen deutlich: In Österreich ist heute ein beträchtliches Veranlagungspotential vorhanden. Gleichzeitig wird aber die mangelhafte Ausstattung der inländischen Unternehmungen mit Eigenkapital beklagt. Hier zeigt sich eindringlich das Fehlen eines funktionierenden Marktes. Die Wirtschaftspolitik hat bisher nicht die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen.
Dieser Artikel zitiert auszugsweise einen Beitrag aus „Kapitalmarkt Osterreich“, der Anlage- und Wirtschaftsinformation der Ersten österreichischen Spar-Casse-Bank.
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