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Wien sucht ein Denkmal für König Sobieski"

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Am 12. September 1683 endete die zweite große Belagerung Wiens durch die Türken. Das von den Hängen des Kahlenberges heranstürmende Entsatzheer unter dem Polenkönig Jan III. Sobieski schlug die Türken unter dem Großwesir Kara Mustapha in die Flucht.

Knapp drei Jahre trennen uns von der 300. Wiederkehr des Tages, an dem dieses für das christliche Abendland so bedeutsame Ereignis stattfand. Welche Festlichkeiten werden nun Für das Jubiläumsjahr vorbereitet?

Noch 1979 wurde Uber Initiative der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft ein Komitee „300 Jahre Entsatz von Wien mit König Jan III. Sobieski" gegründet. Dieses Komitee hat sich zur Aufgabe gestellt, mit entsprechenden Veranstaltungen der Befreiung Wiens von der Türkengefahr zu gedenken und dieses Ereignis von allen Seiten historisch auszuleuchten.

Da keineswegs daran gedacht ist, eine „Siegesfeier" zu veranstalten, sondern eben nur eine Gedächtnisfeier für ein historisches Ereignis, wie Dr. Theodor Kanitzer, der Präsident der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft, betont, hofft man dabei auch auf Unterstützung von türkischer Seite.

Zunächst sollen mehrere Vorträge die historische Situation zu klären versuchen. Bisher galt ja in österreichischen und deutschen Geschichtsbüchern stets der Herzog von Lothringen als der Held und Kopf der Befreiungsschlacht um Wien, während in Polen naturgemäß der Anteil Sobieskis und seiner Husaren besonders betont wurde.

Den ersten Vortrag zum Thema „Das Problem der TUrkenliga im 17. Jahrhundert" hielt der Osteuropa-Spezialist Univ.-Prof. Walter Leitsch bereits im Juni, nun sind zwei polnische Professoren angekündigt: Jerzy Sli-ziriski aus Warschau zum Thema „Jan III. Sobieski in der Literatur der europäischen Völker" (23. September, 18 Uhr, Club-Saal der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft, Biberstraße 4, 1010 Wien) und Antoni Podraza aus Krakau zum Thema „Die Bedeutung der Schlacht um Wien für die Umgestaltung der Kräfteverhältnisse in Europa" (1. Oktober, 19 Uhr, Polnisches Institut, Am Gestade 3-5, 1010 Wien). Weitere Vorträge international anerkannter Fachleute (auch aus den USA, aus Ungarn und der Türkei) sind geplant.

Die Vorträge sollen später gedruckt publiziert werden. Weiters will das Komitee eine Broschüre für die Schuljugend gestalten, eine spezielle Feier zum Jahrestag organisieren und die vom Historischen Museum der Stadt Wien geplante Großausstellung kräftig unterstützen.

Beim Hauptanliegen ihres Mitgliedes Prof. Otto Swoboda, Exilpole und Volkskundler, tun sich Gesellschaft und Komitee offenbar noch schwer. Es geht um ein würdiges Denkmal für die Entsatzschlacht von 1683, da - so Swoboda - in der Stadt Wien keine Gedenkstätte dafür existiert (nur auf dem Kahlenberg).

Swoboda, der sogar bereit ist, für ein solches Denkmal den Erlös aus einem ihm gehörigen Haus in Polen zur Verfügung zu stellen (was bereits einen jahrelangen Kampf mit der polnischen Bürokratie bedeutet), schlug zunächst vergebens drei Obelisken auf dem Stock-im-Eisen-Platz vor (FURCHE Nr. 28/1979). Die Stadt Wien hat im Prinzip einem Denkmal zugestimmt und sich bereit erklärt, Platz und Sockel zur Verfügung zu stellen. Allerdings schweben ihr ein anderes Denkmal und ein anderer Standort (Schwedenplatz oder Rooseveltplatz) vor. Aber die Zeit, das Denkmalprojekt durchzuführen, wird langsam knapp.

Am konkretesten ist derzeit der Plan, eine von den Polen angebotene Kopie eines in Danzig stehenden So-bieski-Reiterstandbildes in Wien aufzustellen, wobei freilich die Finanzierung noch keineswegs gesichert ist. Swoboda plädiert dagegen für ein modernes Originalkunstwerk und regt dafür einen Wettbewerb in Polen an.

Außerdem wünscht sich Swoboda an den historischen Orten von 1683 Gedenktafeln, etwa in der Augustinerkirche, wo König Sobieski am 13. September 1683 vor der Muttergottesstatue das „Te Deum" anstimmte, und auch, daß man in der Stephanskirche die bestehende Sobieski-Statue aus den Katakomben heraufholt.

Daß nun der Anteil der Polen unter Sobieski an der Befreiung Wiens so hervorgehoben werden soll, mag unser vertrautes Geschichtsbild erschüttern. Es wäre aber kleinlich, nun darum zu feilschen, wer sich damals größere Verdienste erworben hat. Gerade heute, wo wir mit Anteilnahme die Entwicklung in Polen verfolgen, sollten wir uns der Tatsache nicht verschließen, daß vor 300 Jahren die Polen - in welchem Ausmaß auch immer, aber auf jeden Fall vielfach mit Blut und Leben - am Schicksal unserer Hauptstadt Anteil genommen haben.

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