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Wiener-Bann-Wald

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Die Belastung durch Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden hat zu einer weitgehend nicht wiedergutzumachenden Schädigung des Wienerwaldes geführt. Zu den Schadstoffen kommen Hunderte von Deponien, ungezügelte Bautätigkeit, Zersiedelung'der Landschaft ...

Dabei sind die schützenden Rechtsnormen hier mehr vorhanden als anderswo: das Forstgesetz, das Naturschutzgesetz, das Luftreinhaltegesetz, das Baum-

Schutzgesetz, eine Reihe von Verordnungen, das Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel durch Flächenwidmung, die Gründeklaration des Wiener Landtages.

Auch die Möglichkeiten von Politik und Verwaltung sind hier größer und besser als anderswo: Rund drei Viertel des Waldes auf Wiener Gebiet stehen im Eigentum der Bundeshauptstadt. Hier, sind führende Umweltwissenschaftler zu Hause, hier die Spitzen von Politik, Massenmedien, Verwaltung, Wirtschaft...

Zum Schutz des Wienerwaldes bedarf es freilich der Zusammenarbeit Wiens mit dem Bund und dem Land Niederösterreich. Nur sechs Prozent der Gesamtfläche des Wienerwaldes sind in Wien, 94 Prozent in Niederösterreich.

Zum Schutz und zur Erhaltung des Wienerwaldes sind Beschränkungen der Bebaubarkeit, der Müllablagerung, der Abwasserentsorgung, des Autoverkehrs, der Luftverunreinigung, der Verhinderung der Gefährdung von Tfinkwasserreserven großräumig durchzuführen.

Außer dem Instrumentarium der verschiedenen Unterschutzstellungen nach dem Naturschutzgesetz gibt es das Instrumentarium des Forstgesetzes, so zum Beispiel die Erklärung des Wienerwaldes zum Bannwald.

Eine solche Maßnahme ist dannmöglich, wenn der Wohlfahrtswirkung des Waldes gegenüber der Nutzwirkung ein Vorrang zukommt. Das ist beim Wienerwald zweifellos gegeben und durch die Gründeklaration vom Wiener Landtag ausdrücklich bestätigt. Wohlfahrtswirkung bedeutet insbesondere einen Einfluß des Waldes auf die Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser.

Als Bannzweck sieht das Forstgesetz unter anderem den Schutz der Erholungsgebiete im Umfeld von Ballungsräumen vor. Die Erholungsfunktion steht beim Wienerwald derart im Vordergrund, daß hier ein typischer Sachverhalt für einen Bannwald gegeben wäre.

Damit hätten die Forstbehörden die Möglichkeit, Maßnahmen gegen forstschädliche Luftverun-reiniger von sich aus zu veranlassen. Die Bewilligung für eine Anläge ist nämlich jedenfalls zu versagen, wenn zu erwarten ist, daß durch die Emissionen dieser Anlage ein entsprechender Immissionsgrenzwert überschritten wird und diese Gefahr auch nicht durch Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen abgewendet werden kann.

Das Verfahren zur Bannlegung müßte sich auf den Bereich von Wien und Niederösterreich erstrecken. Zur Durchführung des Verfahrens und zur Entscheidung wäre der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zuständig.

Das Kuratorium „Rettet den Wald“ ist der Auffassung, daß die Forstbehörden den Wienerwald zwingend in Bann zu legen haben. Schon vorher sollte aber im Bereich des Wienerwaldes nach den rechten Dingen gesehen werden, das heißt, die jetzt schon geltenden Rechtsvorschriften .durchgesetzt werden.

Durch die Bannlegung könne in der Folge erreicht werden, daß keine weitere Zersiedelung im Wienerwald vor sich geht, Sofortmaßnahmen zur Luftreinhaltung (kalorische Kraftwerke, Industrie, privater Verkehr, Hausbrand) getroffen, die Emissionen gesenkt, standortgerechte Baumarten verwendet werden, keine neuen „Plantagen“ entstehen, kein weiterer Straßenbau im Wienerwald, keine überdimensionalen Forststraßen, kein Einsatz von Großmaschinen, Ausbau eines umweltfreundlichen Verkehrsnetzes, Förderung des öffentlichen Verkehrs, ein konsequent ausgearbeitetes Radfahrnetz, „ökologische“ Wanderwege im Wienerwald.

An der Erhaltung des Waldes und der Bäume besteht ein besonderes Interesse. Die Wiener Bevölkerung hält zu 90 Prozent die Wirkungen des Waldes für das Allgemeinwohl am wichtigsten. So lehnen fast 100 Prozent der Wienerinnen und Wiener Rodungen für Industrie und Gewerbe ab, 84 Prozent Rodungen für Verkehr sanlagen und Siedlungszwecke.

Von den Aufgaben des Waldes halten für die Allgemeinheit am wichtigsten: Landschaftsschutz und Schutz vor Verödung und Verkarstung 33 Prozent, Sauerstoffreservoir 42 Prozent, Erholungsraum elf Prozent, Wasserreservoir ein Prozent, landschaftliche Schönheit drei Prozent, Holzgewinnung neun Prozent, Jagd ein Prozent.

In Wien besteht eine besondere „Baum“- und „Waldgesinnung“. Freilich ist das Verhalten im Alltag oft noch das der Wegwerfgesellschaft. Das Lebensgefühl für den Wald und die Bäume, für die Natur ist in der Familie, im Kindergarten, in der Schule zu erwek-ken. Das Wichtigste aber sind Vorbilder und Beispiele.

Der Autor ist OVP-Stadtrat in Wien.

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