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Wille zum Sinn
Viktor Frankl begreift sein Lebenswerk, die Logotherapie, als Antwort auf die europäischen Weltanschauungen des 19. Jahrhunderts, als Absage an Biologismus, Soziologismus und Psychologismus. Er versteht sich als Geburtshelfer des Willens zum Sinn, welcher eine als geistig verstandene conditio humana bestimmen und gestalten soll.
Dieses Credo, das sich von den kollektiven oder totalitären Sinnangeboten absetzt, wül keineswegs nur als Erlösungsangebot für den am Leben verzweifelnden einzelnen wirken. Indem Frankl alles Übel — er nennt Drogenmißbrauch und Gewalttätigkeit — verhinderter Sinninterpretation der Existenz anlastet, entwirft er auch eine durch ihren Optimismus fragwürdige, soziale Utopie.
Die Logotherapie plädiert, wie ihr Begründer (1949) eine seiner zahlreichen Schriften bezeichnet hat, für die „Unbedingtheit“ des Menschen: eine verdienstvolle Zurückweisung der deterministischen Lehren ä la Herbert Spencer.
Die Praxis der von Frankl oder seinem Mitstreiter, Carl Rodgers, betriebenen Therapie offenbart dem Kenner der Psychoszene bisweilen bedrückende Naivität — die komplementäre Erscheinung zu der berechtigt abgelehnten In-doktrination. An der mit Pathos betonten Beliebigkeit der Sinn-findung darf Zweifel angemeldet werden.
DIE PSYCHOTHERAPIE IN DER PRAXIS. Von Viktor E. Frankl. Piper-Verlag. München 1986. 304 Seiten, kart.. öS 133.30.
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