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Willkommen in Melk

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Das Landesstudio Niederösterreich des ORF veranstaltet-zum ersten Mal in seiner Geschichte - in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und mit Unterstützung des Landes Niederösterreich im Stift Melk ein internationales Symposium zum Thema „Was blieb von Joseph II.?”

Wir wenden uns mit diesem Symposion an alle, insbesondere auch an die studierende Jugend, von der wir hoffen, daß sie aus der Konfrontation mit dieser so bedeutenden Herrscherpersönlichkeit Erkenntnisse für ihr Studium, aber auch für die vielfältigen Probleme modernen Lebens gewinnen möge.

Der Universität Wien und vor allem ihrem Rektor, Univ.-Prof. Dr. Winfried Platzgummer, habe ich dafür zu danken, daß sie dieser Idee vom ersten Tag an au fgeschlossen gegenüberstanden und mit uns das Wagnis unternehmen, mit der Universität ins Land hinaus zu gehen.

Melk wird durch diese Veranstaltung „Universitätsstadt auf Zeit”. Es wird damit sinnfällig dokumentiert, daß nicht nur das Landesstudio immer wieder zu seinen Hörern und Sehern kommt, sondern daß auch die Universität Wien sich aktiv um jenen Kreis von jungen Menschen bemüht, die, zu ihrem überwiegenden Teil aus Nieder-

österreich stammend, an der Alma Mater Rudolphina studieren.

Hauptanliegen des Symposions ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Reformwerk Josephs II. und das Herausarbeiten der aktuellen Bezüge sowie der heute noch spürbaren Nachwirkungen dieser Reformen. Hie-bei soll das Thema nicht nur aus österreichischer Sicht behandelt, sondern auch, soweit dies möglich ist, Entwicklungen in den heutigen Staaten CSSR, Ungarn, Jugoslawien und Belgien berücksichtigt werden.

Die dem Symposion zur Verfügung stehenden Referenten geben durch ihre hohe fachliche Autorität Gewähr für den wissenschaftlichen Rang des Unternehmens; die Gastreferenten aus dem Ausland sollen darüber hinaus auch die Verbundenheit mit unseren Nachbarn dokumentieren.

Das Symposion kann schließlich und endlich, dank der großzügigen und liberalen Gastfreundschaft des Abtes von Stift Melk, Prälat Dr. Burkhard Ellegast, durchgeführt werden. Ich möchte ihm dafür herzlich danken.

Allen Teilnehmern aber wünsche ich nachhaltigen Erfolg.

Der Autor ist Landesintendant des ORF Studio Niederösterreich und Lehrbeauftragter für Rundfunkrecht am Institut für Publizistik der Universität Wien.

Joseph II. hat durch seine Tätigkeit als Mitregent seiner Mutter Maria Theresia wie dann vor allem als Alleinherrscher im .josephinischen Jahrzehnt” (1780-1790) in der österreichischen, deutschen und europäischen Geschichte eine starke Wirkung ausgeübt. Mindestens ebenso stark wenn zeitweise nicht sogar noch stärker aber ist die fortdauernde Wirkung des „Josephs-Mythos”, besonders im neunzehnten Jahrhundert, gewesen, die Wirkung eines vereinfachten, vergröberten, teilweise sogar unrichtigen Josephs-Bildes, das sich von der historischen Herrschergestalt beträchtlich unterschied.

Zwei große Strömungen beherrschten in Österreich wie im übrigen Europa das politische Geschehen in der Zeit zwischen dem Wiener Kongreß und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs: der Liberalismus und der Nationalismus. Beide Strömungen haben unter den Deutschen Österreichs Kaiser Joseph II. zum Leitbild und Symbol erhoben.

Das galt sowohl für die Zeit des „Vormärz” mit dem Höhepunkt der Revolution von 1848/49 - in der der idealisierte Joseph geradezu der geistige Führer dieser führerlosen Revolution wurde - wie dann für die „liberale Ära” der sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem Kampf der liberalen „Verfassungspartei” gegen das Konkordat und um die Bewahrung des „nationalen Besitzstands” der Deutschösterreicher und um ihre führende Stellung unter den Völkern der Habsburgmonarchie.

„Joseph der Volkskaiser”, „Joseph der Bauernbefreier”, „Joseph der Lichtbringer”, „Joseph der Glaubens-feger”, „Joseph der Deutsche” und, alle diese Bezeichnungen zusammenfassend und überwölbend „Joseph der Einzige”, sind die Bezeichnungen, die dieses Klischeebild prägten und in vielfacher Weise auf das Geschichtsbewußtsein aller Schichten, von den „Gebildeten” bis zu den ländlichen und städtischen „Unterschichten” einwirkten.

Dieses Klischeebild verhielt und verhält sich noch zum Bild des historischen Joseph wie eines der unzähligen primitiven Josephs-Porträts zu den Meisterwerken eines Pompeo Batoni oder Heinrich Friedrich Füger. Es ist bis heute in vielfacher Hinsicht wirksam, nicht zuletzt durch das bis ins neueste populäre und auch wissenschaftliche Werke Unheil stiftende, offenbar unausrottbare. Nachleben der schon wenige Monate nach Josephs Tod erschienenen gefälschten „Briefe von Joseph II., Kaiser der Deutschen”.

Hier ist wohl auch einer der Gründe dafür zu suchen, daß es bis heute nur eine einzige wissenschaftlich fundierte Biographie Josephs II. gibt - das 1910 in deutscher Ubersetzung erschienene zweibändige, begreiflicherweise längst überholte und veraltete Werk des russischen Historikers Paul von Mitrofa-nov.

Der Autor ist Professor für österreichische Geschichte an der Universität Wien.

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