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Windschattenduell fürs Finale

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Theoretisch hätten die Meinungsforschungsinstitute für die Bundespräsidentenwahl am 26. April ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhersagen müssen: Denn der Abstand zwischen Rudolf Streicher und Thomas Klestil läge bei Umfragen innerhalb der statistischen Schwankungsbreite.

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Theoretisch hätten die Meinungsforschungsinstitute für die Bundespräsidentenwahl am 26. April ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhersagen müssen: Denn der Abstand zwischen Rudolf Streicher und Thomas Klestil läge bei Umfragen innerhalb der statistischen Schwankungsbreite.

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-3,49 Prozent trennen den SPÖ-Kandidaten Rudolf Streicher vom ÖVP-Herausforderer Thomas Klestil (siehe Kasten). Im Endergebnis des Wahlganges vom Sonntag könnte der ÖVP-Präsidentschaftskandidat dem ehemaligen Verkehrsminister noch näher rücken, wenn auch nur im Bereich hinter dem Komma: Bei den Stimmen der Auslandsösterreicher wird Klestil wahrscheinlich weiter Terrain wettmachen.

Schon vor der Stichwahl steht fest: So spannend war bisher noch keine Bundespräsidentenwahl. Die mobilen Wähler haben schon im ersten Wahlgang alle Vorhersagen über den Haufen geworfen.

Rudolf Streicher, der mit allen Vorteilen der Bekanntheit und der tagespolitischen Präsenz als Verkehrsminister als haushoher Favorit ins Rennen gegangen ist, hat mit 40,68 Prozent nur knapp die Nase vom. Was besonders auffällt: In allen Bundesländern schnitt er deutlich schlechter ab als der eher farblose Kurt Steyrer 1986, obwohl ihm seine Ministererfahrung angerechnet wurde und vier von zehn Streicher-Wählern für ihn aus SPÖ-Sympathie votierten.

Weit weniger spielte die ÖVP für Thomas Klestil eine Rolle. Nur 27 Prozent entschieden sich - laut Nachwahlanalysen - für den bisherigen Generalsekretär des Außenministeriums, weil er von der Volkspartei nominiert wurde, dafür konnte er mit seiner internationalen Erfahrung als Diplomat punkten. Und als einzigem Kandidaten ist es ihm gelungen, deutlich über Parteigrenzen hinaus Wählerinnen) zu mobilisieren, vor allem im sogenannten Mittelstand. Mit einstweilen 37,19 Prozent ist er damit Streicher knapp auf den Fersen.

Die FPÖ-Kandidatin Heide Schmidt und Robert Jungk von der Grünen Alternative haben mit ihren respektablen Ergebnissen zusammen rund eine Million Stimmen gebunden, die jetzt im zweiten Wahlgang teilweise neu zur Verteilung kommen (siehe Kommentar Seite 3). Teilweise: Denn die Milchmädchenrechnung, daß nunmehr dieses Wählerpotential insgesamt und mitsamt den Nichtwäh-lem gänzlich zu Disposition stünde, stimmt so sicher nicht.

Weder bei der Schmidt-Wählerschaft noch bei der Jungk-Anhängerschar handelt es sich, von einem harten Kern abgesehen, um homogene Gruppen, sondern um sehr mobile Wechselwähler. Das freiheitliche Protestwählerpotential rekrutiert sich ebenso aus enttäuschten SPÖ- wie ÖVP-Sympathisanten. Und die Grüne Alternative hat neben ihrem linken Flügel ebenso eine ins Gewicht fallende bürgerliche Klientel.

Daher ist für beide Kandidaten in der Stichwahl alles drinnen. Für Klestil könnte sogar der Stimmungsumschwung zu seinen Gunsten, der sich am 26. April gezeigt hat, zur „Trägerrakete" für den 24. Mai werden.

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