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WIR BRAUCHEN KEINEN VERGLEICH ZU SCHEUEN

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Die Errichtung des gemeinsamen Hauses Europa fordert nicht nur Ökonomen, sondern auch das Bildungswesen heraus.

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Die Errichtung des gemeinsamen Hauses Europa fordert nicht nur Ökonomen, sondern auch das Bildungswesen heraus.

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Österreichs Bildungssystem rangiert im europäischen Spitzenfeld. Natürlich gibt es Probleme, Mankos und Defizite, wie zum Beispiel die unlängst auch von der OECD kritisierte mangelnde Durchlässigkeit des österreichischen Schulsystems. Aber die in den österreichischen Schulen, vor allem im berufsbildenden Sektor, vermittelten Qualifikationen sind im europäischen Vergleich beachtlich. Abgänger aus diesem Bereich werden europaweit vor allem in der Bundesrepublik Deutschland hochgeschätzt. Trotzdem ist es notwendig, weiterhin zügig auf die europäischen Entwicklungen zu reagieren. Damit unser Bildungssystem auch künftig auf die neuen Anforderungen vorbereitet ist.

Dazu ist einmal ganz generell festzuhalten: Die Europäische Gemeinschaft strebt keine Vereinheitlichung der Bildungssysteme in Europa an, es wird daher nicht zur Nivellierung oder Einverleibung oder gar zur Unterwerfung des österreichischen Bildungswesens unter ein zentralistisch von Brüssel verfügtes Korsett kommen. Die EG beachtet vielmehr strikt die Verantwortung der Mitgliedsstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen.

Die EG hat jedoch wichtige Empfehlungen hinsichtlich gemeinsamer europäischer Anliegen formuliert, die auch von Österreich geteilt und verfolgt werden:

□ Chancengleichheit für beide Geschlechter

□ mehr Fremdsprachenunterricht

□ neue Informationstechnologien im Unterricht

□ Integration von ausländischen Kindern

□ Eingliederung von behinderten Schülern in die Regelschule.

Ohne Schönfärberei und Zweckoptimismus betreiben zu wollen, stelle ich bei der Erfüllung dieser Anliegen eine Europareife Österreichs fest. Mit Sicherheit werden wir aber insbesondere im Fremdsprachenunterricht weitere Verbesserungen setzen müssen, um mit der zunehmenden Inter-nationalisierung Schritt halten zu können.

Eine wesentliche Anpassungsmaßnahme an eine europäische Entwicklung wird die Einführung von Fachhochschulen sein. Dadurch wird einerseits die mangelhafte Durchlässigkeit wesentlich verbessert; weil Absolventen der Lehrausbildung erstmals eine gesicherte Einstiegsmöglichkeit in ein Hochschulstudium geboten wird. Andererseits wird den Absolventen der höheren Schulen eine zusätzliche Option für ein der EG-Hochschulrichtline in Mindestdauer und Bildungshöhe entsprechendes praxisbezogenes Studium eröffnet.

Mit einem EG-Beitritt werden viele Hemmnisse für mobilitätswillige Arbeitnehmer und Selbständige wegfallen. Der freie Personenverkehr wird sowohl die Arbeitsaufnahme wie auch die Unternehmensgründung für Österreicher in den EG-Staaten erhöhen. Dies gilt dann freilich auch umgekehrt für EG-Bürger in Österreich. Diese erleichterten Zugänge werden in EG-Richtlinien geregelt. Damit wurde ein fast lückenloses System geschaffen, das es dem einzelnen ermöglicht, seinen im Heimatland praktizierten Beruf mit entsprechender Praxis und Vorkenntnissen (bei Lehrern etwa die Beherrschung der jeweiligen Landessprache) in anderen Staaten auszuüben. Gerade dabei zeigt sich der künftige Wert der gewerblichen Berechtigungen, die mit dem Besuch einer berufsbildenden Schule verbunden sind.

Insgesamt gesehen brauchen wir also einen Vergleich mit anderen europäischen Bildungssystemen weder hinsichtlich der Qualität der Institutionen, der darin Beschäftigten noch der Absolventen zu scheuen. Ich bin auch überzeugt, daß wir mit unserem Bildungssystem innerhalb des EWR wie bei einem EG-Beitritt imstande sein werden, einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der europäischen Bildungslandschaft zu leisten.

Der Autor ist Bundesminister für Unterricht und Kunst.

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