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Wir schicken keinen zurück!

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FÜRCHE: Wie man hört, will Österreich seine bisherige, äußerst großzügige Asylpolitik „überdenken“ und einen schärferen Trennungsstrich zwischen politisch Verfolgten und „Wirtschaftsflüchtlingen“ ziehen.

KARL BLECHA: Auch in Zukunft wird jeder, der zu uns ins Land als Flüchtling kommt, die Gewähr haben, daß er nicht wieder über die Grenze zurückgeschickt wird. Diese Gewähr besteht in anderen demokratischen Ländern Europas heute nur mehr eingeschränkt, weil — anders als in Österreich — die Asylbestimmungen restriktiver gefaßt wurden und werden.

FURCHE: Was ist dann mit Eindämmung der Wirt-

Schaftsflucht“ nach Osterreich gemeint?

BLECHA: Seitdem die wirtschaftliche Lage in vielen Ländern schlechter geworden ist, sind wir das einzige Land in der Welt, das jeden Flüchtling aus einem Diktaturstaat - und ich will mich dabei nicht nur auf kommunistische Diktaturen beschränken - vorbehaltlos aufnimmt und nicht zurückweist, aus welchen Motiven immer die Flucht erfolgt.

Seit rund eineinhalb Jahren aber müssen wir feststellen, daß im Vergleich zu den Jahren davor relativ viele Ungarn und zum ersten Mal auch sehr viele Jugoslawen um politisches Asyl ansuchen, die nicht unbedingt als Regimegegner zu bezeichnen sind.

FURCHE: Aus welchem Grund wenn nicht aus dem, in einer freien westlichen Demokratie zu leben, fliehen sie dann?

BLECHA: Ein Jugoslawe zum Beispiel, der vor zehn Jahren als Gastarbeiter in Österreich war, dann in seine Heimat zurückgekehrt ist, dort gearbeitet und gelebt, aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Landes den Arbeitsplatz jetzt verloren hat: in Österreich bekommt er derzeit wegen der Beschränkung des Ga starbeiter kontingente s keine Arbeitsbewilligung.

Deshalb stellt er nun einen Asylantrag, obwohl er jederzeit in seine Heimat zurückkehren könnte, ohne irgendwelche Repressalien befürchten zu müssen.

FURCHE: Auf alle Fälle ist aber Jugoslawien kein Land westlich-demokratischen Zuschnitts. Ist Humanität von der Konjunktur abhängig?

BLECHA: Das Ganze hat mit Humanität überhaupt nichts zu tun. Das schlägt in Wahrheit allen unseren humanitären Auffassungen ins Gesicht, wenn sich Leute eine Arbeitsbewilligung erschleichen.

Noch eines sei festgehalten: ein „Wirtschaftsflüchtling“, der zum Beispiel aus der CSSR kommt, unter Einsatz seines Lebens über die March, bekommt den Flüchtlingsstatus in jedem Fall. Er entflieht einem Unrechts-staat, wenn er auch nicht unbedingt als politisch verfolgt im strengen Sinn anzusehen ist. Außerdem hätte er — im Fall seiner Rückkehr — mit strenger Bestrafung wegen „Republikflucht“ zu rechnen. Das ist nicht in allen Ostblockstaaten so.

Mit dem Bundesminister für Inneres, Karl Blecha, sprach Tino Teller.

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