7209720-1992_26_08.jpg
Digital In Arbeit

Wo schon Kinder arbeiten müssen

Werbung
Werbung
Werbung

Österreich gehört zu den wenigen Ländern, die ein Programm der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Genf zur Beseitigung der Kinderarbeit finanziell unterstützen. Anlaß des Engagements war der „Kindergipfel" in New York 1990. Die Gelder sollen der Ausbildung zugute kommen.

In ihr sehen Experten die wichtigste Waffe im Kampf gegen die Kinderarbeit. Man will es nicht bei Konventionen belassen, sondern an Modellprojekten zeigen, daß es ohne Kinderarbeit geht und auch arme Familien ihren Kindern eine glückliche Kindheit ermöglichen können.

Seit Jahrzehnten hat die IAO die Abschaffung der Kinderarbeit zu einer ihrer dringlichsten Aufgaben gemacht, ohne allerdings große Erfolge zu verzeichnen. In vielen Ländern ist das gesetzliche Mindestalter zwar auf 14 Jahre heraufgesetzt worden. Davon sind oft jedoch große Bereiche, in denen es häufig Kinderarbeit gibt, ausgenommen: etwa die der Landwirtschaft und der Dienstleistungssektor. Es fehlt auch an Inspektoren, um geltende Vorschriften in der Praxis durchzusetzen.

Hunderte von Millionen Kindern dieser Welt sind zum Geldverdienen gezwungen bis zur schlimmsten Sklavenarbeit. Zu dieser alarmierenden Feststellung kommt die IAO in ihrem „Weltarbeitsbericht 1992": Sechsjährige Hausmädchen, zehnjährige Arbeiter in Steinbrüchen, zwölfjährige Teppichweber sind keine Seltenheit. Die Zahl derer, die im harten Überlebenskampf ihre Kinderheit opfern müssen, nimmt ständig zu. Bereits die Kleinsten werden ausgebeutet und oft an gefährlichen Arbeitsplätzen eingesetzt, sogar in Bordellen -ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit. Zwölfstün-dige Arbeitstage für ganze sieben Dollar Lohn in der Woche führen viele in den Teufelskreis. Man weiß, daß in Asien Dutzende von Millionen Kindern hart arbeiten. In afrikanischen Ländern erreicht die Kinderarbeit 20 Prozent der Erwerbsbevölkerung. In Lateinamerika müssen bis zu 18 Prozent der elf- und 14jährigen für den Unterhalt ihrer Familien aufkommen.

In Europa findet man in Italien und Spanien immer noch eine zahlenmäßig ins Gewicht fallende Kinderarbeit. Auch in Amerika sind Abertausende von Kindern - meist aus Einwandererfamilien - Tag für Tag auf Farmen und Plantagen im Einsatz.

In der extremen Armut sieht die Studie die Hauptursache dieser Mißstände. Nach einer Umfrage der IAO sagten die weitaus meisten Eltern von Zwölfjährigen, die ih Kairo Leder gerben müssen, daß sie und ihre Familien ohne die Arbeit der Kinder verhungern würden.

Noch härter ist das Los von Millionen kleiner Südasiaten. Sie leben wie Sklaven und müssen als Leibeigene die Schulden ihrer Familien abtragen. Oft werden sie fern von zu Hause beschäftigt und wissen nicht, wie lange ihre Fronarbeit dauern wird. In anderen Fällen arbeiten Kinder, weil Schulen fehlen oder zu teuer sind.

Durch zu lange Arbeitszeit werden ihre noch weichen Knochen verformt, die Augen geschädigt. Durch harte Arbeit und Unterernährung werden viele für Infektionskrankheiten besonders anfällig. Dazu kommt das erhöhte Unfallsrisiko übermüdeter Kinder, die an gefährlichen Maschinen arbeiten.

Das härteste Los trifft aber wohl diejenigen Kinder, die in der Prostitution enden. In reichen Ländern sind es oft verwahrloste und weggelaufene Kinder, in armen Ländern lockt das viele Geld. In Asien weitet sich dieser Schandfleck des Kindermißbrauchs durch Sextourismus aus reichen Ländern ständig aus. An den körperlichen und seelischen Schäden, die ihnen dabei zugefügt werden, müssen diese Kinder oft ihr Leben lang leiden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung