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Wofür wird am 15. Mai demonstriert ?"

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Die Katholische Jugend wird von uns nicht vergattert Der Grazer Diözesanbi-schof Johann Weber, bisher Österreichs „Jugendbischof" (und nun vom Kärntner Oberhirten Egon Kapellari in dieser Funktion abgelöst) teilt nicht Bedenken, wie sie etwa in der SPÖ gegenüber der Teilnahme der Sozialistischen Jugend an der Friedensdemonstration am 15. Mai in Wien bestehen. Weber sieht diesem Tag zuversichtlicher entgegen, räumt aber ein, daß noch alles im Fluß ist: „Es sind noch täglich Änderungen möglich."

Jedenfalls begrüßt Weber, daß der Bundesjugendring hier die Initiative ergriffen hat, denn dort führt ein Mann seines Vertrauens den Vorsitz: Franz Küberl, Bundessekretär der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Jugend: Küberl sagt: „Es steht erst am 16. Mai fest, was wirklich herausgekommen ist."

Grundsätzlich hat wohl niemand etwas gegen eine Demonstration für den Frieden, das Problem sieht Weber - und sicher nicht nur er - darin, ob hier glaubwürdig und nicht einseitig vorgegangen wird.

Die Gefahr der Einseitigkeit ist wohl dadurch gegeben, daß die „Plattform" für die Friedensdemonstration zunächst von sozialistischen und kommunistischen Gruppen gebildet wurde, die gerne ihrem Antiamerikanismus freien Lauf lassen und ebenso gerne gegen das Bundesheer polemisieren. Erst später sind der Bundesjugendring und die österreichische Hochschülerschaft in die Vorbereitungen eingestiegen.

Daß all diese Gruppierungen zu konkreten gemeinsamen Aussagen kommen, scheint zweifelhaft. Aber was nützt es, prinzipiell für den Frieden zu demonstrieren, wenn nicht konkrete Friedensverletzungen (Polen, Afghanistan, El Salvador) beim Namen genannt werden?

Dazu KUberl: „Es wird sicher einiges beim Namen genannt werden. Und es ist wichtig, öffentlich zu dokumentieren, daß man gegen den Rüstungswahnsinn, gegen ausländische Interventionen und für das Selbstbestimmungsrecht der Völker, für die gewaltlose Lösung von Konflikten ist."

Zur Demonstration am 15. Mai, die in Form eines Sternmarsches von vier Wiener Bahnhöfen zum Rathausplatz, wo eine Kundgebung vorgesehen ist, über die Bühne gehen soll, erwartet Küberl mindestens 20.000 Teilnehmer.

Für die Jugend sind die Landesverteidigung und die damit verbundenen Fragen derzeit sicher ein ganz heißes Eisen, für Küberl haben aber die radikalen Befürworter einer Abschaffung des Bundesheeres abgenommen: „Im Gegensatz zum Beginn der siebziger Jahre ist heute die vorherrschende Meinung: Das Bundesheer ist ein notwendiges Übel."

Persönlich glaubt Küberl, daß das rein defensive österreichische Raumverteidigungskonzept in die richtige Richtung geht. Der Zivildienst könnte Ausgangspunkt neuer Überlegungen sein, der ab 1984 vorgesehene Grundlehrgang für gewaltlose Verteidigung eine wichtige Ergänzung darstellen.

„Soziale Verteidigung muß vom ganzen Volk getragen werden," betont Küberl - und: „Gewaltfreie Verteidigung muß fünfter Teil der Umfassenden Landesverteidigung sein, sonst wird sie zum Problem." Derzeit unterscheidet man Militärische, Zivile, Wirtschaftliche und Geistige Landesverteidigung.

Um die bestehenden Ungleichheiten zwischen Zivil- und Präsenzdienern zu vermindern, plädiert Küberl dafür, daß auch Präsenzdiener, abgesehen von einer Bereitschaftstruppe, wo immer das möglich ist, zuhause schlafen dürfen: „Die Kasernierung ist doch ein Relikt aus einer Zeit, wo man Angst hatte, daß die Leute davonrennen."

Der katholische Jugendfunktionär Franz Küberl hält auch ein neues Verhältnis zwischen Präsenzdiener und Militärseelsorger für notwendig: „Die geltende Regelung stammt von 1934 und ist reformbedürftig. Derzeit ist der — als Offizier verkleidete — Priester gezwungen, das Bundesheer und den Militärdienst aus der Bibel zu rechtfertigen." Statt dieser Unterrichtsstunden in der Kaserne, sollte man — so Küberl — den Leuten lieber eine mehrtägige Dienstfreistellung für Exerzitien gewähren.

Ein Hauptanliegen des Bundes-jugendringvorsitzenden ist außerdem die Forcierung der Entwicklungshilfe und die Eindämmung von Waffenexporten: „Die aktuelle Frage lautet, ob Österreich in der Dritten Welt als Exporteur von Waffen oder von Humanität anerkannt wird."

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