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Worüber sich die Menschen ärgern

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Monatelanges Warten auf die Familienbeihilfe, weil die Finanzämter mit der EDV-mäßigen Erfassung der Beihilfekarten in Verzug sind, aberwitzige Probleme bei der praktischen Anwendung des Aufenthaltsgesetzes, Zores mit dem Pflegegeldgesetz samt Einstufungsverordnung, wobei nämlich gegen eine falsche Einstufung erst ab 1997 Klagen vor Arbeits- und Sozialgerichten eingebracht werden können, Instanzen, bei denen heute schon eine Klageflut ansteht, der sie nur schleppend Herr werden, noch dazu oft mit einer Entscheidungspraxis, die - je nach Wohnort und Gutachter - eigentlich ein Lotteriespiel ist: Allen vier aktuellen Beispielen ist gemeinsam, daß sie Menschen betreffen, die ohnehin zu den Benachteiligten gehören, nämlich kinderreiche Familien, Gastarbeiter und ihre Angehörigen, Behinderte und Unfallopfer.

Wenn Gesetze und Verordnungen ein derartiges Tohuwabohu nach sich ziehen, sind sie schlecht gemacht, auch wenn sie noch so gut gemeint waren. Es ist sympathisch, wenn sich etwa Maria Rauch-Kallat oder Helmut Zilk bürgernah andienen, in exemplarischen „Härtefällen" zu intervenieren und nach dem Rechten zu sehen, aber letztlich keine Lösung und daher eigentlich schon wieder typisch österreichisch. Muß denn tatsächlich erst eine „Obrigkeit" angefleht, ein Sozialgericht angerufen, die Volksanwaltschaft eingeschaltet oder auch eine Zeitung oder ihr Ombudsmann mobilisiert werden, damit jemand zu seinem Recht kommt?

Wenn Familien durch eine unvorbereitete Systemumstellung ungefragt zu Kreditgebern des Finanzministers gemacht werden, wenn zuletzt in Österreich geborene Gastarbeiterbabys sogar als quasi illegale Einwanderer gelten, wenn Behinderungen mittelfristig falsch beurteilt und wenn Sozialgerichtsklagen regional vollkommen unterschiedlich entschieden werden, können das unterm Strich nicht nur Pannen gewesen sein. Tatsächlich kennt sich kaum jemand aus.

Beim Versuch etwa, den Entwurf zum Wohnrechts-Änderungsgesetz -kurz: das Mietengesetz - einzudeutschen, ist sogar Nationalratspräsident Heinz Fischer den Sommer über gescheitert. Vier Fünftel der einschlägigen Rechtsvorschriften wären seiner Meinung nach dafür so kompliziert, daß es unmöglich sei, sie kurzerhand verständlich auszudeutschen.

Beim Ausdeutschen hat ja selbst Jörg Haider der Regierung wenig vorzuwerfen: Sein Volksbegehren, nach dem die Ausländerfrage an sich „illegal" - demnach also ungesetzlich - ist, muß ja demnächst behandelt werden.

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