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Worüber soll die EG mit uns reden?

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Am Samstag trifft Frans And-riessen, der Vizepräsident der EG-Kommission, zu einem offiziellen Österreich-Besuch ein. Wird er nach den Arbeitsgesprächen wissen, was die Österreicher wünschen und anstreben?

Bis zur Stunde kennt sich keiner aus, diffuse Erwartungen sind von konfusen Stellungnahmen begleitet. Der Bonner „General-Anzeiger“ brachte unser Herumlavieren auf einen kurzen Nenner: „Es wird gefaselt und geredet, doziert und diskutiert, doch in der Sache geht es nicht weiter... Verhaltenheit und Zaudern, Uneinigkeit und Unentschlossenheit verstopfen die — zudem recht ungeordneten — Gesprächskanäle und bremsen jeden Anlauf zu Entscheidung und Beschluß.“

Dabei böte dieser Freitag, an dem der Außenpolitische Bericht im Nationalrat auf der Tagesordnung steht, die einmalige Chance einer grundsätzlichen Europa-Diskussion zur Positionsbestimmung. Schade um die Zeit, würde sie hauptsächlich mit lautem Wehklagen über unseren Ansehensverlust totgeschlagen.

WeU das aber keinerlei Sachkenntnis voraussetzt, steht zu befürchten, daß dies als willkommene Gelegenheit angesehen wird, auch etwas zu sagen. Womit kaschiert werden könnte, daß viele zur zentralen Frage unserer Außenpolitik eigentlich wenig beizutragen haben. Dann sollten sie wenigstens Debattenbeiträgen etwa von Ludwig Steiner (FURCHE 47/1987) oder Peter Jankowitsch aufmerksam folgen. Denn auch Nachhilfe tut not.

Man muß da erst gar nicht an einen FPÖ-Abgeordneten denken, der allen Ernstes Abgeordnetenkollegen aus Frankreich den Wunsch unterbreitet hat, von französischer Seite aus könnte man doch über Osterreich und die EG mit den Sowjets reden. Solche Wirtshausdiplomatie schadet ebenso wie das Herumgeplauder über das „Hindernis“ Neutralität.

Im zur Diskussion stehenden Außenpolitischen Bericht ist vom Bemühen Österreichs zu lesen, am EG-Binnenmarkt, dessen Aufbau 1992 abgeschlossen werden soll, „teilzuhaben“, von .Annäherung“ ist da die Rede. Laut Regierungserklärung „soll Osterreich zu einem Teü“ des Binnenmarktes werden. Von den einen wird von einer „Quasi-Mitglied-schaft“ gesprochen, von anderen — zuletzt von den Landeshauptleuten - eine Vollmitgliedschaft Österreichs im wirtschaftlichen Bereich gefordert. Der eigentlich zuständige Wirtschaftsminister wiederum hat gemeint, daß Österreich derzeit keine Vollmitgliedschaft anstrebe.

Was wollen wir nun wirklich? Eine globale oder bloß sektorielle Teilnahme am Binnenmarkt? In direkten oder multilateralen Verhandlungen? Und mit welchen Konsequenzen? Wir brauchen die EG, nicht sie uns. Wir müssen endlich Klarheit schaffen.

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