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Wozu Kammern?

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Man kann sicher sein: Die FPÖ wird das Thema aZwangsmitgliedschaft bei den Kammern“ mit Vehemenz weiter verfolgen. Aufgrund der weitverbreiteten Unzufriedenheit mit den Kammern aller Arten kann sie dabei nur gewinnen. Vor allem aber: Sie hat nichts zu verlieren. Denn die Vorteile, die die beiden großen Parteien ‘ aus den von ihnen dominierten ‘ Kammern ziehen, stehen der FPÖ nicht zur Verfügung.

Gäbe es die Braintrusts in der Arbeiterkammer beziehungsweise den Handelskammern nicht, müßten SPÖ und ÖVP ihr Budget gewaltig aufstocken. Ohne daß darüber viel geredet wird, arbeiten ganze Stäbe der Kammerorganisationen für die großen Parteien.

Und sehr oft werden auch Veranstaltungen aus den riesigen Kammerbudgets bestritten, deren einziger Zweck es ist, wichtigen Leuten der Parteien ein Podium zu verschaffen.

Von dieser in der österreichischen Realität zwar wichtigen, nicht aber gerade statutarischen Aufgabe abgesehen, erfüllen die Kammern aber im österreichischen Wirtschaftsleben wichtige Aufgaben. So zum Beispiel beim Zustandekommen von Gesetzen, aber auch in gewerbebehördlicher Hinsicht. Ganz abgesehen einmal von unverzichtbaren Servicefunktionen, wie sie beispielsweise die Außenhandelsorganisation der Bundeskammer darstellt. Wer die Zwangsmitgliedschaft in Frage stellt, wird also auch die Frage beantworten müssen, wer dann diese Aufgaben übernimmt. Weiterhin die Kammern, auch wenn sie im Einzelfall mitgliedermäßig völlig bedeutungslos geworden sind? Oder der Staat, den man doch eigentlich zurückstutzen will?

Während nämlich auf der Arbeitnehmerseite auch auf freiwilliger Basis eine machtvolle, geschlossene Einheitsorganisation mit hoher Repräsentanz denkbar ist (schließlich schaffte der ÖGB ja auch 1,6 Millionen Mitglieder), scheint derlei auf Arbeitgeberseite so gut wie ausgeschlossen. Zu divergierend sind dort die Interessen zwischen klein und groß, zwischen Handel und Industrie, et cetera. Nicht zufällig haben sich im Laufe der Jahre neben der offiziellen Handelskammerorganisation Sonderverbände konstituiert, wie zum Beispiel der Handelsverband, der die Interessen der Kaufhäuser und anderer großer Einzelhandelsorganisationen vertritt.

Die Arbeitgeberseite würde vermutlich in zahlreiche, rivalisierende Verbände zerfallen. Was ein gemeinsames Vorgehen erschweren würde.

Eine Zwangsmitgliedschaft ist heute zweifellos ein demokratiepolitischer Schönheitsfehler. Bei den Kammern darf man die Führung aber wenigstens wählen; bei der (Zwangs- )Sozialversicherung darf man nur zahlen.

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