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Würgen Schulden Aufschwung ab?

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Eine kurze Skizze der Dimensionen der Verschuldung des österreichischen Zentralstaates ergibt folgendes Bild: Ende 1982 belief sich die gesamte Finanzschuld des Bundes auf 351 Milliarden Schilling. 108 Milliarden Schilling entfielen davon auf das Ausland. Die Inlandskomponente der Verschuldung machte 233 Milliarden Schilling aus, wovon 182 Milliarden titrierte Inlandsschuld (Anleihen, Bundesobligationen und Bundesschatzscheine) und die restlichen 51 Milliarden Darlehen und Kredite waren.

Es ist jedoch nicht so sehr die absolute Höhe der Staatsver-

schuldung und deren Finanzierbarkeit, die zu denken gibt, sondern die rasche Zunahme der Staatsschuld. 1970 lag die Staatsschuld, in Prozenten des Bruttoinlandsproduktes ausgedrückt, noch bei 13 Prozent, zehn Jahre später waren es bereits 25 und 1982 hielten wir bei 30 Prozent.

Dabei täuschen diese Zahlen jedoch über die Tatsache hinweg, daß etliche zusätzliche Defizitposten in Form von Sondergesellschaften aus dem Budget ausgegliedert worden sind. Rechnen wir diese mit ein, kommen wir für 1970 auf eine Schuldenrelation von 14 und 1982 auf 33 Prozent. Auch die Inlandsschuld alleine zeigte ein ähnlich rasches Wachstum.

Damit wird unter anderem auch der Entscheidungsspielraum der Wirtschaftspolitik immer stärker eingeengt. Die gleichzeitig anwachsenden zukünftigen Rückzahlungsverpflichtungen - 1982 waren bereits 15 Prozent der Nettoeinnahmen des Bundes alleine für den Zinsendienst reserviert — absorbieren einen Teil der Neuverschuldung: Für konjunkturell wünschenswerteinvestive

Staatsausgaben bleibt immer weniger Geld übrig.

Hinsichtlich der Inlandsverschuldung de£ Bundes — von den 46 Milliarden Schilling der Nettozunahme der Finanzschuld des Bundes im vergangenen Jahr wurden 33 Milliarden im Inland aufgebracht — bin ich vor allem über zwei Aspekte besorgt.

Der eine ist die zinstreibende Wirkung der verstärkten Präsenz des Bundes auf den inländischen Finanzmärkten. Der andere Aspekt — der derzeit angesichts der flauen Wirtschaftslage nicht zutage tritt - ist die Verdrängung privater Kreditnehmer, in erster Linie Investoren, vom Kreditmarkt. Bis jetzt war es möglich,

die Schuldenaufnahme so zu steuern, daß inländische Geldquellen vor allem in Zeiten hoher Liquidität angezapft wurden.

Dadurch konnten sogenannte Crowding-Out-Effekte in Österreich bisher vermieden werden. Bei der Beurteilung von solchen Effekten geht es in erster Linie darum, ob durch die öffentliche Nachfrage — finanziert durch Kreditaufnahme — die private Nachfrage verdrängt wird und somit die staatlichen Interventionen wieder neutralisiert werden.

Bei Unterbeschäftigung und Uberkapazitäten — Tatbestände, die geradezu symptomatisch für die heutige Zeit sind — ist kaum mit Verdrängungseffekten im güterwirtschaftlichen Bereich zu rechnen. Nicht ausschließen hingegen lassen sich Verdrängungseffekte im monetären Bereich (die natürlich in weiterer Folge ihren Niederschlag im realen Teil unserer Wirtschaft finden können).

Wie den Budgetvorschlägen zu entnehmen ist, bleiben die Budgetdefizite in Relation zum Bruttoinlandsprodukt .offenkundig für längere Zeit noch hoch. Die Sparmaßnahmen sorgen bestenfalls für eine Stabilisierung auf dem derzeitigen Niveau. Und das ist zu hoch.

Gegenwärtig spüren wir die Auswirkungen der hohen staatlichen Kreditnachfrage noch nicht, da die flaue Wirtschaftsentwicklung die Investitionslust der Unternehmer hemmt. Auch nächstes Jahr wird die Wirtschaftslage wohl nicht viel besser sein, wie aus den allerneuesten Prognosen der Konjunkturforschungsinstitute hervorgeht.

Staat verdrängt Private

Doch bereits übernächstes Jahr könnte die Wirtschaft die Budgetrestriktionen überwunden haben und sich dem bereits international einsetzenden Wirtschaftsaufschwung anschließen.

Und genau dann werden wir die Verdrängungseffekte der übermäßigen Präsenz der öffentlichen Hand auf den Anleihe- und Kreditmärkten zu Lasten privater Investoren zu spüren bekommen; mit allen Konsequenzen für den wahrscheinlich ohnedies bescheidenen Aufschwung.

Es wird dann einfach nicht genügend Geld da sein, um sowohl die öffentliche Verschuldung als auch den privaten Investor zu finanzieren — wobei der letztere wohl den kürzeren ziehen wird.

Der Autor ist Generaldirektor der Girozentrale. Auszug aus einem Vortrag im Finanzmanagerclub am 4. Oktober.

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