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Wurzeln in der Kunst?

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„Die Vielzahl der .zweckentfremdet“ dargestellten Frauen in der Werbung ist einzig und allein dem männlichen Voyeurismus zu verdanken.“ Aber, aber, wer wird denn... oder haben Sie diese und ähnliche Deutungen nicht schon selbst gehört, gelesen oder gedacht.

Dabei ist es ganz einfach.

Zum ersten gibt es nun einmal zwei verschiedene Konsumenten: männliche und weibliche.

Und zum zweiten haben Männer und Frauen gleichermaßen ihre Liebe zur Werbung als Beruf entdeckt.

Die Behauptung, das Bild der Frau in der Werbung sei von Man-

nern geschaffen, steht längst auf wackeligen Beinen. Werbung wird zusehends zu einem Frau-en(traum)beruf. Und in den meisten Werbeagenturen kommt auf jeden gestreßten Werber eine gestreßte Werberin.

Werbung ist einer der wenigen Wirtschaftszweige, in denen es vielen Männern täglich schwieriger wird, „ihre Frau zu stellen“.

Aber was steht wirklich hinter den vielen emanzipatorischen Buh-Rufen, wenn das Thema „Werbung“ lautet? Welche Rolle hat die Frau in Anzeigen, auf Plakaten, im Werbefernsehen? Hat sie eine, eine falsche, eine mißverständliche?

Natürlich haben Frauen eine Rolle in der Werbung, eine wichtige, ja sogar eine tragende Rolle —

wie in der Kunst, wie in der Malerei. Aber leider hält der Vergleich Kunst und Werbung nicht so recht stand. Einfach deshalb, weil sich Kunst niemals auf einer derart öffentlichen Bühne abspielt, abgespielt hat.

Und dennoch — die Wurzeln der Werbung — der Werbung mit Frauen als Blickfang - liegen ebendort.

Die ersten Werber des vergangenen Jahrhunderts waren Maler, Plakatmaler, und nicht Texter, Konzeptschreiber oder Psychologen. Und was sie dargestellt haben, waren fast ausnahmslos Frauen. Verklärte, verführende, idealisierte, nackte Frauen. Man braucht nur an die Stilmittel des Historismus, des Jugendstils und des Art deco zu denken.

Und wofür warben sie? Für Champagner, Fahrräder,

Strümpfe, Kaffee, Seife, Arzneimittel, Zigaretten und Bier. So wie heute. Oder denken wir an die heimatverbundenen, linientreuen, kräftig gebauten, blonden, blauäugigen Herzensbrecherinnen in gestärkten Schürzen, die in den späten dreißiger Jahren für Benzin, Reifen und Waschpulver warben.

Eines wird deutlich - Werbung war und ist Sichtbarmachen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rolle der Frau. Das Streben nach Idealisierung und Emotionalisierung ist den Werbetreibenden immer schon wichtig gewesen. Weil es Wirkung zeigt. Und Wirkung ist nun einmal der wesentliche Wunsch jeder Werbung.

Produkte werden gleicher und

gleicher, unterscheidend wirken nur mehr emotionale Auslöser. Traumwelten. Idealbilder. Was ist so falsch daran, der Frau diese Rolle zu geben?

Natürlich gibt es gelungene und peinliche Beispiele. Waren Frauen vor hundert Jahren noch auf Häusliches, Verführerisches beschränkt, so sind sie heute um viele Facetten reicher: idealisiert, realistisch, selbstbewußt, emanzipiert, engagiert und erfolgreich. Und so stellen sie sich auch heute dar.

Gehörten in früheren Jahren Barbusig-Verklärte in einer Anzeige für Autopneus noch zum guten Ton, so sind solche Versuche heute nur mehr unprofessionellen Werbedilettanten vorbehalten. Werbeauftritte dieser Art zählen heute zu den sich selbst disqualifizierenden Ausnahmen. Und es ist gut so.

Von Männern verschieden

Aber eines sollten uns überempfindlich emanzipierte Buh-Rufe nicht nehmen: Die Möglichkeit, den Frauen jene grundsätzlichen Eigenschaften zu lassen, die sie von Männern unterscheiden. Ganz gleich, ob es hinter dem Herd, vor dem Bankschalter, hinter dem Steuer, vor der Auslage oder hinter dem Schreibtisch ist. (Die Reihenfolge ist nicht zufällig - wie alles in der Werbung.)

Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der HDM Dorland Werbeagentur, Wien.

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