6996439-1987_11_01.jpg
Digital In Arbeit

Yergeßt nicht die Humanität!

Werbung
Werbung
Werbung

Gelegentlich wird Außenminister Alois Mock vor gewissen außenpolitischen Engagements gewarnt: Der Blick nach Osten rentiere sich für Österreich kaum, mitteleuropäische Ambitionen seien bestenfalls ein romantischer Traum. Man müsse Anschluß an den Westen suchen. Wirtschaftliche Interessen sollten offenbar allein die Außenpolitik bestimmen.

Mit der Abkehr von außenpolitischen „Abenteuern“ — etwa im Bereich des Nahen Ostens, in der arabischen Welt, in Nikaragua - soll nach dem Willen bestimmter Kreise die Wende in Österreichs Außenpolitik manifest werden.

Doch diese Wende wurde längst vollzogen. Weniger dadurch, daß man die großen Spuren der Kreisky-Ära verließ - das ist um der Kontinuität und Glaubwürdigkeit österreichischer Politik wohl gar nicht möglich und ratsam als durch Akzentverschiebungen. Im übrigen gab es hier auch viele Schattenseiten, die in ein anderes Licht gerückt gehörten.

Mock sollte den Kritikern bisheriger Außenpolitik aber nicht zu vorschnell nachgeben. Seine außenpolitische Schwerpunktsetzung sollte sich vielmehr an traditionellen Vorgaben orientieren. Sicherlich ist es notwendig, sich verstärkt um ein Arrangement mit der Europäischen Gemeinschaft zu kümmern.

Desgleichen ist das patriotische Anliegen Südtirol zu würdigen; Bestrebungen, hier auf einen Konsens hinzusteuern. Nachbarschaftspolitik, besonderer Einsatz im KSZE-Prozeß mit allen seinen Ausformungen, weiteres starkes UNO-Engagement sowie Aussöhnung mit Israel und weiterhin gute Beziehungen zu den arabischen Staaten sind Aufgabenbereiche, denen sich Österreich mit viel Phantasie zu widmen hat.

Doch Mocks außenpolitische Vision braucht klarere Konturen in Sachen Ostpolitik und Mitteleuropa-Engagement. Damit sind nicht bloß kulturelle Aufgaben verknüpft. Österreich hat doch reiche Erfahrungen im Umgang mit kommunistischen Ländern und sollte weiter konsequent gesprächsbereit bleiben.

Mitteleuropa als Kulturraum darf nicht unterschätzt werden; geht es doch um die Einbettung des österreichischen Selbstverständnisses in einen größeren Raum.

Zudem muß Österreich als traditionelles Asylland wieder neue Akzente in der humanitären Außenpolitik setzen. Das geht nur mit Hilfe eines breiten Konsenses der Bürger. Gleichzeitig hat hier eine aktive Außenpolitik die Aufgabe, nicht nur zu informieren — wie Mock das will —, sondern die Bürger zu aktivieren und meinungsbildend zu wirken.

Es geht jetzt darum, das Vertrauen in Österreich wiederherzustellen. Dazu sollte Alois Mock alle Möglichkeiten nützen — auch seine Rolle als Vorsitzender der Europäischen Demokratischen Union.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung