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Zähes Ringen um Frieden

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Vision", das lateinamerikanische Wirtschaftsmagazin, hat die Contadora-Gruppe bereits für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Der aber müßte erst verdient werden: Die Vorlage einer für die mittelamerikanischen Staaten akzeptablen Skizze eines Friedensplanes am 30. April in Panama-City stieß auf keine Einigkeit.

Mexiko, Panama, Kolumbien und Venezuela, die vier Träger dieser regionalen Diplomatie (ihren Namen hat sie von der panamaischen Pazifikinsel Contadora, wo man im Jänner 1983 zum ersten

Mal tagte), haben bisher lediglich diskutiert: entweder als Treffen der vier Contadora-Außenmini-ster oder als Neuner-Konklave, wenn die Contadora-Vier sich wie jüngst in Panama-City mit den fünf mittelamerikanischen Außenministern zusammensetzten.

Im Jänner 1984, dreißig Stunden vor der Präsentation des Kissinger-Berichtes, lag ein Rahmenplan für einen möglichen Friedensvertrag für Mittelamerika vor. Anschließend daran wurden drei Kommissionen gebildet, denen die Aufgabe oblag, bis spätestens 30. April einen unterschriftsreifen Friedensvertag vorzulegen.

Die Stunde der Prüfung ging jedoch ungenützt vorbei, weil Costa Rica, Honduras und El Salvador in der Woche vor dem Treffen der Contadora-Gruppe neue Vorschläge für den Frieden gemacht hatten. Ihre Forderung an Nikaragua, die sandinistische Kampfkraft zur Entspannung zu reduzieren und den bewaffneten Anti-sandinisten Amnestie zu gewähren, stieß auf die scharfe Ablehnung Nikaraguas.

Wenn auch die in das jüngste Treffen gesetzte Hoffnung groß war, die Aussichten für die Paraphierung, sei es auch nur eines Entwurfes für einen Friedensvertrag, waren und sind gering. Bereits der Mittelamerika-Report der Kissinger-Kommission zeigte den Kern des Problems. Denn dort wurde die Contadora-Initia-tive zwar als Beispiel einer kreativen regionalen Diplomatie gelobt, aber der Vorbehalt, Contadora könne aus sicherheitspolitischen Gründen kein Ersatz für eine eigene US-Mittelamerika-Strategie sein, wurde ebenso deutlich ausgesprochen.

Es geht also nach wie vor um das abgrundtiefe Mißtrauen der Reagan-Administration gegen das sandinistische Nikaragua (was sich am deutlichsten bei der inzwischen recht offenen Unterstützung der Konterrevolution, etwa bei der Verminung nikaraguanischer Häfen zeigt), während die Contadora-Vier das sandinistische Nikaragua akzeptieren wollen. Die USA kann ihren Standpunkt machtpolitisch durchsetzen, Contadora hat keine Verhandlungsmacht.

Contadora ist lediglich Uberredungsdiplomatie.

Das Scheitern des jüngsten Treffens in Panama-City ist dennoch nicht das letzte Wort, das Contadora zu sagen hatte. Ein gemeinsames Kommunique kündigt eine weitere „Uberredungs-Reise" der Contadora-Außenmi-nister durch Mittelamerika und ein neuerliches Treffen an.

Wie bisher wird es um die Feinheiten gehen, mit denen die „21 Punkte" vom September 83 und die „Durchführungsbestimmungen" vom Jänner 84 für die betroffenen Länder akzeptabel gemacht werden können. Den Kern bilden dabei die im Kapitel „Sicherheitsfragen" zusammengefaßten Vorschläge:

• Bestandaufnahme der militärischen Kapazitäten in der Region, um eine Abrüstungspolitik zu ermöglichen, die „eine maximale Begrenzung und eine vernünftige Ausgewogenheit der militärischen Kräfte" vorsieht;

• Erstellung einer Liste sowie eines Zeitplanes für den Abzug aller (also nicht nur der kubanischen, sondern auch der US-amerikanischen) ausländischen Militärberater;

• Identifizierung und Ausschaltung jeder Form der Unterstützung oder Duldung von irregulären Kräften;

• Ermittlung der Wege des illegalen Waffenhandels nach und durch Mittelamerika.

Das ist ein ehrgeiziges und schönes Programm, aber—wie gesagt — Contadora fehlt der Verhandlungsmuskel, um die sicherheitspolitische Neutralisierung Mittelamerikas durchzusetzen.

Contadora bekäme in naher Zukunft nur dann eine Chance, wenn die Reagan-Administration — aus welchen Gründen immer — die in Honduras stationierten „Konterrevolutionäre" stillegen und selber verhandeln würde. Da dies vorerst nicht geschieht, bleibt der Satz geltend, mit dem in Panama-City der nikaraguanische Außenminister Miguel d'Escoto Brockmann auf die Aufforderung, die sandinistische bewaffnete

Schlagkraft zu verringern, reagierte: Das ist ausgeschlossen, weil „wir imstande sein müssen, unsere Souveränität zu verteidigen — wir werden angegriffen".

Während einander am 30. April Honduras und Nikaragua Grenzverletzungen vorwarfen, wurde in der Abschlußerklärung gemeinsam die herrschende Gewalt in der Region verurteilt. Zudem vereinbarten die Contadora-Außen-minister. Fidel Castro und Ronald Reagan über ihre Friedensbemühungen zu unterrichten und ihre aktive Unterstützung zu fordern. So bleibt weiterhin abzuwarten, ob die Uberredungs-Diplomatie stark genug sein wird, Contadora einem Friedensnobelpreis würdig zu machen.

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