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Zehntausenden ein Fest

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Ist der bevorstehende Papstbesuch mehr Grund zur Freude oder zur Kritik? Darüber sind sich nicht einmal am Hauptort des Geschehens - Salzburg -die Medien einig.

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Ist der bevorstehende Papstbesuch mehr Grund zur Freude oder zur Kritik? Darüber sind sich nicht einmal am Hauptort des Geschehens - Salzburg -die Medien einig.

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Kommt das „Papaskop“ wieder in Mode? Die Meinungen hierzulande über das zu erwartende Interesse am zweiten Besuch Papst Johannes Pauls II. in Osterreich schwanken noch gewaltig. Uberraschend fest scheint dagegen das Reiseprogramm zu stehen, das bereits im Dezember 1987, also ein halbes Jahr vor dem für 23. Juni geplanten Eintreffen des Papstes veröffentlicht wurde.

Nach dem üblichen Tauziehen um den Terminplan schuf eine Österreich-Visite des vatikanischen „Reisemarschalls“ Pater Roberto Tucci Klarheit: Ausdehnung des Programms von vier auf viereinhalb Tage, eine Übernachtung in der Wiener Nuntiatur, drei im Salzburger Kapuzinerkloster,Ankunft am 23. Juni in Wien-Schwechat, Rückflug am 27. Juni von Innsbruck.

Zu kurz gekommen fühlen sich angeblich die Niederösterreicher. So entstand das Gerücht, der am Palmsonntag mit einer Parlamentarierdelegation in Rom weilende Bundesratsvorsitzende Herbert Schambeck wolle sich bei dieser Gelegenheit dafür einsetzen, daß das Reiseprogramm nochmals umgestoßen wird, damit der Papst von Niederösterreich mehr als Schwechat zu sehen bekommt.

Gegenüber der FURCHE wies Schambeck dieses Gerücht als „Lüge und Verleumdung“ entschieden zurück: „Das Programm ist so hinzunehmen, wie es die Bischöfe beschlossen haben.“ Er habe auch nichts, obwohl ihm das oft nachgesagt werde, mit Bischofs-ernehnungen zu tun, davon erfahre er immer erst aus der Zeitung: „Ich mische mich nicht in innerkirchliche Angelegenheiten.“

Am Programm dürfte also nicht mehr zu rütteln sein, wie auch Franz Hummer, Öffentlichkeitsarbeiter im Generalsekretariat für den Papstbesuch, bekräftigt: „Wer gegen dieses Programm opponiert, geht gegen einhellige Beschlüsse der österreichischen Bischofskonferenz vor.“

Ein heftiges Rütteln an der innerkirchlichen Stimmung vor dem Papstbesuch würde freilich das Sich-Bewahrheiten eines anderen Gerüchtes bedeuten, demzufolge bereits in Kürze der längst angebotene Rücktritt des Feldkircher Bischofs Bruno Wechner von Rom angenommen und der österreichische Opus-Dei-Regionalvikar Klaus Küng zum Nachfolger ernannt werden soll. Dieses Gerücht gab es bereits vor einem Jahr, was zu einem heftigen Brodeln im Vorarlberger Klerus führte, und Rom unterläge vermutlich einem Irrtum, wenn es meinte, inzwischen habe man sich im Ländle mit dem Gedanken an einen Bischof Klaus Küng abgefunden.

Sieht man von diesem Gerücht ab, ist die Stimmung schwer einzuschätzen. 1983 war der Papstbesuch mit dem gut vorbereiteten Katholikentag verbunden und betraf vorwiegend den Ballungsraum Wien. Wieweit heuer das in den einzelnen Diözesen unterschiedlich aufgegriffene Motto „Ja zum Glauben - Ja zum Leben“ spirituelle Wirkung erzielt, bleibt abzuwarten. Man fragt sich, ob vielen österreichischen Katholiken bewußt ist, worauf die österreichischen Bischöfe in ihrem Wort zum Papstbesuch das größte Gewicht gelegt haben: die Bereitschaft zur Umkehr.

Symptomatisch für die zwiespältige Sicht des Papstbesuches ist die Berichterstattung der Medien am Hauptort des Geschehens:

„Durch einen Papstbesuch tiefgreifende Änderungen zu erwarten, ist ein Schließen der Augen vor der Realität“, meinte Karl Heinz Ritschel in den „Salzburger Nachrichten“ und kritisierte unter dem Titel „Wie die Kirche das Maß verliert“ vor allem die hohen Kosten der Visite.

Hingegen erinnerte Hans Peter Hasenöhrl in der „Salzburg-Krone“ an „die faszinierenden Tage“ von 1983, rief zur „Freude über den ersten Besuch eines Papstes in der Geschichte dieses Bundeslandes“ auf und warf „einer kleinen,schwer faßbaren Gruppe von böswilligen Intriganten“ vor, krampfhaft Gründe zu suchen, „die Visite mieszumachen“.

Laut Franz Hummer sind für den Papstbesuch 1988 rund 34 Mü-lionen Schilling budgetiert (der Besuch 1983 kostete inklusive Katholikentag mehr als das Doppelte). Eine stattliche Summe, bei der sich sicher über die Notwendigkeit einzelner Ausgaben streiten ließe. Immerhin sollen 16 Millionen davon aus dem Staatssäk-kel kommen.

Ein bißchen verliert diese Summe an Stattlichkeit, wenn man bedenkt, welche Lotto-Toto-Gelder allwöchentlich, speziell in „Jack-pot“-Runden, an den Finanzminister wandern, was so in Silvesternächten verböllert wird und wieviel ein Bank-Generaldirektor an Abfertigung und Pension bekommt. Und schließlich wird damit ein Fest für Zehntausende, nicht nur für die Person im Zentrum, finanziert.

Immer vorausgesetzt, daß es im Vorfeld des Papstbesuches nicht noch zu einer umstrittenen Bischofsernennung kommt, spricht einiges dafür, es könnten unmittelbar vor dem Papstbesuch das Interesse für den Papst und die Stimmung für ihn deutlich zunehmen. Viel wird natürlich von den Medien abhängen. Franz Hummer rechnet mit rund 200Q akkreditierten Journalisten inklusive Hörfunk- und Fernsehmitarbeitern.

Ausländische TV-Stationen interessieren sich schon jetzt besonders für zwei Programmpunkte: die Gedenkstunde im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen und die Begegnung des Papstes mit Vertretern der jüdischen Gemeinde in Wien.

Die Schauplätze der Großveranstaltungen sind andere:

• Trausdorf im Burgenland, wo zu einem dreisprachig (deutsch, ungarisch, kroatisch) zelebrierten Gottesdienst um die 100.000 Menschen, davon 50.000 Ungarn, erwartet werden,

• Gurk, wo aus den Diözesen Gurk-Klagenfurt und Graz-Sek-kau, aber auch aus Jugoslawien und Norditalien Zehntausende zur ebenfalls dreisprachig (deutsch, slowenisch, italienisch) gefeierten Messe kommen dürften,

• Lorch, wo keine Eucharistiefeier (der Papst zelebriert prinzipiell nur einmal pro Tag), aber eine lange Begegnung mit Gläubigen aus den Diözesen Linz und St. Pölten stattfinden wird,

• Salzburg und Innsbruck mit jeweils mehreren Programmpunkten.

Auch Störaktionen — solcher Absichten verdächtigt man besonders Grün-Alternative — sind nicht auszuschließen.

Mit den Spitzen des Staates und dem Diplomatischen Corps trifft Johannes Paul II. am ersten Abend in Wien nach einer Vesper im Stephansdom zusammen, mit allen österreichischen Bischöfen am Abend darauf in Salzburg.

Prominente aus Politik und Kirche werden den Papst auch auf anderen Stationen seiner Reise begleiten. Manche wird er selbst aus Rom mitnehmen. Einer davon dürfte auch der österreichische Kurienkardinal Alfons Stickler sein.

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