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Zeichen der Hoffnung

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Während in Osteuropa der rote Stern untergegangen ist, ist der Kommunismus in Vietnam noch immer an der Macht. Aber um aus der allgemeinen Misere des Landes herauszukommen, zeigt die Partei eine gewisse Öffnung nach außen. Dies bietet auch der Kirche neue Chancen.

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Während in Osteuropa der rote Stern untergegangen ist, ist der Kommunismus in Vietnam noch immer an der Macht. Aber um aus der allgemeinen Misere des Landes herauszukommen, zeigt die Partei eine gewisse Öffnung nach außen. Dies bietet auch der Kirche neue Chancen.

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Während in der Sowjetunion auch in Zeiten härtester Christen verfolgung der Sonntag den Namen „Voskrese-nya", .Auferstehung", behielt, gibt es in Vietnam einen Sonntag erst gar nicht. Am Sonntag wird gearbeitet, wie an jedem anderen Tag auch. Die antireligiöse Gesetzgebung hat sich bis heute nicht geändert, aber die Anwendungsbestimmungen werden nicht mehr so konsequent durchgeführt wie früher. Der für religiöse Belange zuständige Beauftragte hat erklärt, daß Religion auch nicht mehr Opium für das Volk sei, sondern Medikament für Leidende. Die lokalen oder regionalen Behörden machen den Bischöfen das Leben aber immer noch sehr schwer. Für jeden öffentlichen Gottesdienst außerhalb des bischöflichen Sitzes ist eine Genehmigung der Regierung notwendig. So spielt sich vieles nach wie vor im Untergrund ab, Namen dürfen als Schutz für die Betreffenden nicht genannt werden.

Wenn man von der Kirche in Vietnam spricht, so muß man praktisch von zwei Kirchen sprechen: von der im Süden und der im Norden. Die Kirche im Norden stand praktisch seit 1945 unter der Knute der Kommunisten und hat einen nur dürftigen Klerus. Überhaupt ist die Überalterung von Bischöfen und Klerus eines der Hauptprobleme der Kirche in Vietnam. Gerade die Bischöfe sind zum größten Teil sehr betagt und haben harte Jahre hinter sich. So wie Ste-phanus als erster christlicher Märtyrer eine Sonderstellung einnimmt, so ist es auch mit den Priestern und Laien in Vietnam, die Gefängnisstrafen verbüßen mußten oder in Umerziehungslagern interniert waren. Ihr Leiden ist zum Samen für die wachsende Kirche geworden. Nach abgelaufenen Haftstrafen erhalten Priester keine offizielle Arbeitserlaubnis, sie leben von ihren Familien oder Gläubigen.

Im Süden ist es besser

Über die Zahl der noch inhaftierten Priester gibt es keine präzisen Auskünfte. Aber es steht fest: Es gibt noch einige! Die Mitarbeiter von „Kirche in Not/Ostpriesterhilfe" konnten einige ehemals inhaftierte Priester treffen und waren von diesen geistlichen Persönlichkeiten tief beeindruckt. Einer von ihnen sagte: „Hätte ich als Geistlicher im Gefängnis arbeiten wollen, hätten die Behörden es mir niemals erlaubt. So aber bin ich ungewollt Geistlicher der Gefangenen geworden und konnte mehrere taufen. Es war eine reich gesegnete Zeit!"

Im Süden ist die Situation etwas besser. Trotzdem trägt die Kirche in Vietnam den Stempel der Kirche des Nordens. Mit den Augen des Westens betrachtet, erscheint sie sehr klerikal, doch in Wahrheit gelingt es ihr, Tausende von Laien in die Arbeit der Kirche miteinzubeziehen. Äußerlich unauffällig bringen sie das Evangelium Christi in die Familien. Fast wie in den Zeiten der Apostel ist die Kirche Vietnams auch eine Kirche der Hausgemeinschaften, in denen das Brot gebrochen und miteinander das Mahl in Freude und Einfalt des Herzens gehalten wird (vergleiche Apg. 2,46).

Die Kirche von Vietnam wäre nicht das, was sie heute ist, ohne ihre Gläubigen. Sie haben sehr gelitten, um ihrem Glauben treu bleiben zu können. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß es nur den Laien zu verdanken ist, wenn die Kirche in Vietnam heute so lebendig ist. Was am meisten erstaunt, ist die Frömmigkeit

Die Kathedrale von Hanoi

der Menschen. Die Messen werden sehr früh am Morgen gelesen, zum Beispiel die erste Sonntagsmesse in Hanoi um vier Uhr morgens. Während der Woche wird die Messe in den meisten Gemeinden um fünf Uhr gelesen. In der Kathedrale von Hanoi ist auch bei Wochentagsmessen das Hauptschiff gut gefüllt, während die Seitenschiffe voll sind mit den Fahrrädern der Gläubigen.

Der Religionsunterricht findet nach der Sonntagsmesse statt. In der Gemeinde der Kathedrale von Hue, zu der etwa 4.000 Gläubige gehören, gibt es zirka tausend Kinder und Jugendliche, die an der Katechese teilnehmen. Sie sind unterteilt in 27 Gruppen. Die Katechese gliedert sich in vier Stufen auf, wobei jede Stufe zwei oder drei Jahre dauern kann. Die vierte Stufe erstreckt sich bis zum Alter von 21 Jahren und dient der Ausbildung von zukünftigen Katechisten. Außerdem gibt es für Erwachsene Kurse zur Vorbereitung auf die Taufe, sowie für Brautpaare Kurse zur Vorbereitung auf die Ehe. Dies alles spielt sich um sechs Uhr morgens nach dem Gottesdienst in den zahlreichen Ecken und Nischen der Kathedrale ab...

Zahlreiche Projekte

Es gäbe noch viel zu berichten. Zum Beispiel zu den bestehenden Seminaren, zum Leben der Ordensschwestern, zu den Medien, den Bauprojekten oder zur Beschaffung geistlicher Literatur. In all diesen Bereichen unterstützt „Kirche in Not/Ostpriesterhilfe" zahlreiche Projekte. Ein Mitarbeiter faßte die Reise folgendermaßen zusammen:

„Es ist sehr wohltuend zu beobachten, wie sehr die Hilfe westlicher Christen von den Gläubigen einer verfolgten Kirche geschätzt wird. Ich glaube, daß wir die Tatsache, helfen zu können, als eine Gnade ansehen sollten. Ich hoffe, daß durch Berichte über die Reise ein bescheidener Beitrag dazu geleistet werden kann, daß wir unsere Geschwister aus der Kirche Vietnams besser kennen- und vor allem lieben lernen."

Der Autor ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit fiir „Kirche in Not/Ostpriesterhilfe".

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