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Zeitbombe tickt

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Ohne Leistungsabstriche kollabiert das System

Unser System der Pensionsversicherung beruht auf einem Umlageverfahren: Die Versicherungsbeiträge der Erwerbstätigen werden unmittelbar für die Finanzierung der Pensionen aufgewendet. Die Relation zwischen aktiven Versicherten (Beitragszahlern) und Pensionisten bestimmt daher maßgeblich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Systems.

Seit Mitte der siebziger Jahre hat sich sogar die „demographische Alterbelastungsquote" (Bevölkerung über 60 im Verhältnis zur Bevölkerung von 20 bis 60 Jahren) verbessert: Die geburtenstarken Jahrgänge ab 1955 rückten ins erwerbsfähige Alter, die geburtenschwachen Jahrgänge ab 1915, noch dazu durch den Zweiten Weltkrieg dezimiert, kommen ins Pensionsalter.

Allerdings: Bildungsexplosion und steigende Arbeitslosigkeit verhindern, daß aus Erwerbsfähigen auch erwerbstätige Beitragszahler werden. Oder es tritt sogar das Gegenteil ein: Durch Frühpensionierungsaktionen werden über Nacht aus Beitragszahlern Pensionsempfänger.

Dazu kommt eine Fülle von „Belastungen": In Zeiten des Wirtschaftswachstums wurde nicht nur großzügig der Leistungsrahmen verbessert, es sind jetzt auch die jährlich neu anfallenden Pensionen in der Regel höher als die gleichzeitig wegfallenden. Und durch die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen nimmt auch die Zahl ihrer Eigen- und Doppelpensionen beständig zu.

Kurzum: Kamen im Vorjahr auf 1000 Aktive 570 Pensionisten, werden es 1987 schon 617 sein.

Was an Versicherungsbeiträgen an Geld in den Pensionskassen fehlt, muß der Bund zuschießen: Heuer werden es 42 Milliarden Schilling sein, für 1987 wären es 68 Milliarden. Doch durch das Budgetdebakel kann — und will — der Bund künftig dieser Verpflichtung nicht nachkommen, wurden doch bisher schon alle Geldreserven angezapft: vom Familienlastenausgleichsfonds über die Krankenkassen bis zur Wohnungsbeihilfe.

Da aus dem Budget nichts mehr zu holen ist, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Beitragserhöhungen und/oder Abstriche bei den Leistungen. Höhere Beiträge lösen das Problem nur kurzfristig. Ab dem nächsten Jahrzehnt, wenn wieder geburtenschwache Jahrgänge ins Erwerbsleben ein-, dafür die geburtenstarken von heute in die Pension übertreten, verschlechtert sich die Altersbelastungsquote dramatisch. Und diese Zeitbombe tickt.

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