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Zeitgenosse
Diesmal rückt in diese Rubrik der FURCHE eine Persönlichkeit, die wir bis vor wenigen Tagen gerne zu unseren Zeitgenossen zählten und die — ungeachtet! eines plötzlichen Todes — noch lange unter uns präsent sein wird: Karl Ausch, aufrechter Sozialist untd überzeugter Verfechter dessen, was er für richtig hielt, und was — etwa auf dem Gebiete der grundsätzlichen Währungspolitik — oft auch richtig gewesen ist Am 21. Juni 1976 ereilte ihn plötzlich das Ende der irdischen Phase seines Lebens, im 83. Lebensjahr, mitten heraus aus seiner immer noch sehr regen Anteilnahme an dem, was politisch und insbesondere wäh-rungs- und notenbanfcpolitisch vor sich ging.Länger als zwei Dezennien (vom Dezember' 1952 bis zum April 1973) gehörte Ausch dem Generalrat der Österreichischen Nationalbank an. Schon unter der Präsidentschaft von Reinhard Karnitz lag der Vorsitz des währungspolitischen Ausschusses in seinen bewährten Händen, bis in jene Tage, in denen dieser General-ratsausschuß nach dem erstmaligen wozu noch drei wesentliche Postulate kommen, nämlich Konvertibilität, freier Handelsverkehr und Freiheit, die durch die immer rascher werdende, schleichende Inflation ernstlich gefährdet sind“. Seine Mahnung richtet sich an alle, die in der pluralistischen Gesellschaft der Gegenwart Macht und Einfluß haben: er warnte stets vor den Versuchen, über die Grenzen des jeweils wirtschaftlich Möglichen hinaus zu leben: Ebenso Wie die Arbeitslosigkeit kein unabwendbares Schicksal war, ist auch die Inflation keines, beide sind ,,man-<made“, auf Handlungen oder Unterlassungen zurückzuführen, die vom Menschen ausgehen^
Als versierter Journalist hatte er stets allgemein venständliche und ins Ohr (gehende l^rmnilierungen zur Hand: Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Inflation (Übernachfrage), so meinte er, werden abgelehnt, weil die Gefahr bestehe, daß dadurch die Konjunktur abgewürgt, die Vollbeschäftigung gefährdet und Arbeitslosigkeit ausgelöst werden könnte. „Wer so argumentiert“, sagte Ausch in seinem Beitrag zur Karnitz-Festschrift, „igleSchit einem Mann, der sich dagegen sträubt, daß ein Hochwasser bekämpft wird, aus Besorgnis, es könnte Wassermangel entstehen.“
Auch zu einer Zeit, in welcher die Sozialisten schon die alleinige Verantwortung für die Budgetpolätik In Österreich trugen, scheute sich Ausch nicht, den öffentlichen Haushalt auch auf seinen Beitrag zur Inflation aufmerksam zu machen und zu bedauern, daß dii Gefälligkeitsdamo-kratie „leider au einem Bestandteil der parlamentarischen Demokratie geworden“ ist.
Was Ausch in seinem Grußwort zur Korp-Festschrift über den verdienten Vizepräsidenten und Partei-. freund Andreas Koro sagte, galt auch für ihn selbst: „Seiner strengen Sachlichkeit, die oft mit Charme und Humor zu würzen versteht, seinem diplomatischen Geschick und der Kraft seiner durch profunde Kenntnisse untenmauerten Argumentation vermochte sich niemand zu entziehen.“ Ausch zählte zu jenen, die immer bestrebt waren, an Hand objektiver Daten und Informationen, insbesondere gestützt auf den fachkundigen Stab des österreichischen Noteninstitutes, den Weg durch die häufige Verstrickung der interessen-und parteigebundenen Vorstellung zu finden.
Was bei Ausch gegenüber seiner Beschreibung von Andreas Korp vielleicht etwas weniger gut wegkommt, war das Diplomatische, um so mehr war er ein aufrechter Charakter, der seine Einstellung in allen grundsätzlichen Dingen für alle diejenigen voraussehbar machte, die das Glück hatten, mit ihm einmal zusammengearbeitet zu haben.
Karl Ausch, von gedrungener Gestalt, ausdauernd und fleißig, mit lebhaften Augen, konnte auch herzlich lachen. Wer ihn jemals hörte, dem wird es auch unvergeßlich bleiben, wie er im Meinen Kreis — weder ohne kämpferische Spitze, noch Ohne einen Schuß Nostalgie! — Joseph Roths ,,Gans von Podwoloczyska“ au lesen verstanden hat... WOLFGANG SCHMITZ
Einzug eines Parteispitzenfunktionärs, des Stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Österreichs In das Notenbankpräsi-dium, auf dessen Betreiben — zwecks Vermeidung von Komplikationen mit dem Vorsitzenden — ganz einfach nicht mehr einberufen wurde.
Man braucht mit Karl Ausch nicht immer einer Meinung gewesen zu sein (wie zum Beispiel in seiner historischen Analyse der dreißiger Jahre „Als die Banken fielen“ oder in seiner Einstellung zum Sanie-rungawerk Ignaz Seipels!), um ihm nicht doch stets große Bewunderung gezollt zu haben, wo er sich (auch im Gegensatz zu seinen engsten Partei^ freunden) nicht scheute, eine Meinung mit Festigkeit und Fachikundig-keit zu vertreten, die er ganz einfach für richtig hielt. Er war und bleibt ein Mahner in einer Zeit, in welcher selbst bisher als Fixpunkte betrachtete Elemente in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mitunter einem opportunistischen Aufweichungsprozeß zu unterliegen scheinen.
Ausch war stets — und wie die jüngste Rezession lehrte, mit Recht — besorgt, „daß die großen wirtschaftlichen Erfolge des letzten Vierteljahrhunderts — erstaunlich rasches Wirtscbaftewachstium, stark expandierender Welthandel, ständiges Steigen der Realeinkommen und Verbesserung des Lebensstandards,
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