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Zentrum Wien

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Anläßlich der Präsentation des grundlegenden Buches „Wiener Keramik — Historismus, Jugendstil, Art deco“ von Waltraud Neuwirth, das iim Verlag Klinkhart & Birmann, Braunschweig, erschienen ist, veranstaltet die „Galerie am Graben“ eine sehenswerte Ausstellung die dem gleichen Thema gewidmet ist. Ausgehend von polychromierten Terrakotten von Arthur Strasser, Araberbüsten des Historismus, zeigt sie den bisher selbst von Fachleuten negierten oder vernachlässigten außerordentlichen Reichtum einer Produktion, die in Wien ihr Zentrum hatte und hier bereits um 1900 zu richtungweisenden Prinzipien gelangte, die die später so ungleich bekannter gewordenen des Bauhauses vorwegnahmen. Um 1900 schon wurde, wie die Ausstellung zeigt, in den Klassen von Kolo Moser und Josef Hoffmann an der Wiener Kunstgewerbeschule ein Stil ausgebildet, dessen strenge stereometrische Formen den fließenden des Jugendstils entgegenstehen, seiner Farbigkeit und Buntheit Schwarz-Weiß- Reduktion und geometrische Silhouettenmuster entgegensetzen, sich auch gegen die dekorativen Putten Michael Powolnys abgrenzen. An diesen Höhepunkten schloß die von Berthold Löffler und Michael Po- wolny gegründete Firma „Wiener Keramik“ an, Löffler mit stereometrischen Vasen mit sparsamen geoi metrischem Dekor, und starkfarbigen Figuren bei Powolny, dessen Zusammenarbeit mit der Wienerberger Tonwarenfabrik, und beider mit der Wiener Werkstätte Bedeutung erlangte. Sie war es dann, die seit 1917 das keramische Schaffen der zwanziger Jahre prägte. Die Fülle der Namen, der Begabungen, die in de? Ausstellung sichtbar werden, ist erstaunlich. Hier sei nur auf die Arbeiten von Hugo F. Kirsch, Eduard Klablena, Julia Sitte, Rudolf Obsieger, Ernst Wahliss, Jutta Sika, Schleiss-Si- mandl, Wally Wieselthier und die noch lebende Gwdrun Baudisch hingewiesen, die alle bedeutende Bei träge zur schöpferischen Kontinuität der Wiener Keramik schufen. Daß diese Kontinuität nicht abgerissen ist, sondern in einem verwandeltein und verwandten Sinne lebt, beweist ein zweiter Teil der Ausstellung, in der Franz Josef Altenburg, Gudrun Wittke-Baudisch, Rosemarie Benedikt, Kurt Ohnsorg, Günther Pra- schak, Anton Raidei, Kurt und Gerda Spurey und Linde Wächter ihre zeitgenössische Keramik jener der Vergangenheit würdig an die Seite stellen.

Daß der Maler Ferdinand Stransky heuer am 16. September seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, würde man nach der Vitalität, die seine Bilder nach wie vor ungebrochen ausströmen, kaum für möglich halten. Die Wiener Secession, deren Mitglied er ist, ehrt ihn durch eine Ausstellung, die sein Werk von den dreißiger Jahren bis heute in Bildern, Zeichnungen und Gouachen demonstriert.

Stranskys Lebenswerk zeigt ihn als einen der wesentlichen österreichischen Expressionisten mit Bezugslinien zu Gerstl und zum frühen Boeckl, aber einer durchaus eigenständigen schwerblütigen Aussage, bei der das malerisch emotionelle Temperament die in den Zeichnungen zutage tretende Tektonik der Form immer wieder in Frage zu stellen gewillt ist und bis an die Grenzen der Gegenständlichkeit geht, um einen erlebten Spannungsreichtum zum Ausdruck zu bringen. Das Feuer seiner inneren Suche nach Wahrheit zeichnet Stranskys Bilder aus.

Innere Wahrheit ist es auch, die bei den Bildern des jungen dreizehn JahTe alten Daniel in der Se- cessionsgalerie bewegt und ergreift Diese Bilder eines Kindes sind keine Kinderbilder, sie sind vielmehr in ihrer großzügigen expressiven Faktur, die oft erstaunlich sicher anmutet in ihren apokalyptischen Symbolen und Signalen, ein Menetekel der Zeit die hier einen unmittel- [ baren und beängstigenden Ausdruck findet. Es sind Aussagen von einer Direktheit, um die ihn so manche seiner erwachsenen „Kollegen“ beneiden könnten.

In der Studentengalerie Mozartgasse zeigen Lotte Seierl und Helmut Christof Degn ihre Arbeiten. Lotte Seierl großflächige, aus dem Informel kommende Abstraktionen, die sie mit Collagen kombiniert und die viel Sensibilität verraten, Degn Lithographien und Zeichnungen, von denen die expressiven Landschaften und Skizzen aus dem Wienerwald am stärksten berühren.

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