7223194-1993_36_12.jpg
Digital In Arbeit

Zerbrechliche Werte im Wiener Dorotheum

19451960198020002020

Zweimal im Jahr bietet das Wiener Dorotheum den Liebhabern von Porzellan- und Glas-Kunstwerken eine reiche Palette von exklusiven Stücken an. Am 14. September können wieder solche Prachtstücke ersteigert werden. Sensation dieser Spezialauktion: ein Wappenpokal, der für den einzigen Sohn Karls VI., Erzherzog Leopold Anton, angefertigt wurde.

19451960198020002020

Zweimal im Jahr bietet das Wiener Dorotheum den Liebhabern von Porzellan- und Glas-Kunstwerken eine reiche Palette von exklusiven Stücken an. Am 14. September können wieder solche Prachtstücke ersteigert werden. Sensation dieser Spezialauktion: ein Wappenpokal, der für den einzigen Sohn Karls VI., Erzherzog Leopold Anton, angefertigt wurde.

Werbung
Werbung
Werbung

Rund 300 Porzellan- und Glas-Liebhaber drängen sich jedes Jahr im Februar und September in einem der Auktionssäle des Wiener Doro-theums, um bei den Spezialauktionen für Glas und Porzellan mitzusteigern. Etwa 380 Objekte sind jedesmal zu kaufen. „Es handelt sich hierbei um ausgesucht schöne und seltene Sammlerstücke, aber auch Museumsstük-ke”, erklärt Ursula Rohringer, die Expertin für Glas und Porzellan im Wiener Dorotheum.

Das wertvollste Objekt der Spezialauktion am 14. September um 14.30 Umist ein Wappenpokal. Der barocke Pokal aus farblosem Glas wurde in Böhmen um 1716 angefertigt. Das 23 Zentimeter hohe Glas mit feinstem Tiefenschnitt ist von hohem Wert und großer Seltenheit. Der mit einem Schätzpreis” von 150.000 bis 200.000 Schilling versehene Unikatpokal wurde für Erzherzog Leopold Anton, den erstgeborenen und einzigen Sohn Karls VI., angefertigt. Der am 12. April 1716 geborene Thronfolger verstarb allerdings noch im November desselben Jahres.

Der Schliff des Pokals zeigt das Wappen des spanischen Thronfolgers, Prinz von Asturien, Leopold Anton. Im Schild des Wappens sind die Symbole der Königreiche Spanien, Ungarn, Böhmen und des Herzogtums Burgund, umgeben von der Kette des Goldenen Vlieses, zu erkennen.

Das zweite Prunkstück dieser Spezialauktion im Ludwigstorffsaal ist eine 52 Zentimeter hohe Porzellanbüste der Erzherzogin Henriette von Österreich. Die Büste der deutschen Prinzessin wurde anläßlich der Hochzeit mit Erzherzog Karl von Österreich, Herzog von Teschen und k.k. Generalfeldmarschall geschaffen. Das von Elias Hütter 1821 gefertigte Stück zeigt die 18jährige Erzherzogin und ist mit einem Schätzpreis von 70.000 bis 100.000 Schilling versehen.

Rohringer hofft, daß ein Wiener Museum den Wappenpokal sowie die zierliche Büste der Erzherzogin Henriette kaufen wird, damit „diese besonderen Stücke auch ihren besonderen Platz finden”. Stark vertreten, neben den beiden erwähnten Besonderheiten, ist Meißner Porzellan: Miniaturen, figurales Porzellan, Tafelporzellan, Sammeltassen und ein Teil des Services „korallenroter Hofdrache”. Das gesamte Service wurde um 1730 angefertigt und war bis 1919 den sächsischen Kurfürsten vorbehalten. Der Serviceteil, der bei der Auktion zu ersteigern ist, war ein Hochzeitsgeschenk des Königs Friedrich August von Sachsen an Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich anläßlich seiner Vermählung mit Gräfin Sophie Cho-tek.

Zu den Höhepunkten der Auktion zählen auch die um 1900 in England entstandenen Rothschild-Serviceteile.

Einen wichtigen Stellenwert nimmt weiters Alt-Wiener Porzellan ein. Rohringers Ziel ist es, das Alt-Wiener Porzellan aus dem Ausland von Privaten und Händlern nach Wien zu bringen. Besondere Alt-Wiener Gu-stostückerln sind diesmal neben den Du-Paquier-Koppchen mit Untertassen aus der frühen Manufaktur um 1725 die verschiedensten Vedutentassen mit Alt-Wiener Landschaftsmalereien.

Alt-Wiener Landschaftsdarstellungen finden sich auch bei den Veduten-Gläsern. Zu den besonderen Glasobjekten - der Wappenpokal stellt den Höhepunkt dar - gehören ein Mildner-Becher, ein signierter Ranftbecher von Anton Kothgasser und ein Lobmeyr-Luster. Der 144 Zentimeter hohe Prunkleuchter mit einem Durchmesser von 114 Zentimeter ist um 1870 nach einem Entwurf von Ludwig Lobmeyr entstanden. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das im Katalog als letztes der 376 Objekte angeführte historische Glasfenster mit einer Höhe von 4,4 Metern und einer Breite von 2,7 Metern. Die farbige Blumen-Glasmalerei ziert in der Mitte ein stolzer Pfau.

Alle diese wertvollen, zerbrechlichen Kunstwerke sind bis 13. September im Glashof des Dorotheums, 1010 Wien, Dorotheergasse 17, zu besichtigen.

” Der Schätzpreis stellt den Wert eines Objektes dar. Der sogenannte Rufpreis ergibt sich aus der Hälfte des niederen Schätzpreises. Bei einem Schätzpreis von zum Beispiel 70.000 bis 100.000 Schilling wird der Kauf in diesem Rahmen erwartet. Es wird mit 35.000 Schilling zu rufen begonnen. Besonders kostbare Objekte, die unter einem bestimmten Preis nicht verkauft werden sollten, besitzen ein Limit (bei diesem Beispiel etwa 70.000 Schilling). Die Spannung, um wieviel letztlich ein Objekt gekauft wird, bleibt allerdings bis zum Schluß, außer es wird vor der Aution ein Kaufauftrag abgeschlossen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung