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Digital In Arbeit

Zerstörte Kabelträume

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Der Entwurf des Kabelrundfunkgesetzes ist kein Glanzstück liberaler Medienpolitik. Mit Paragraphen wird Österreich als mediales Entwicklungsland zementiert.

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Der Entwurf des Kabelrundfunkgesetzes ist kein Glanzstück liberaler Medienpolitik. Mit Paragraphen wird Österreich als mediales Entwicklungsland zementiert.

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Einen Vorschlag für ein Kabelrundfunkgesetz hat vor einigen Wochen der Zentralsekretär der sozialistischen Partei, Peter Schieder, vorgelegt.

Insbesondere bei den Satelliten-Programmen hat es in den letzten Jahren schwierige Rechtsfragen zu lösen gegeben. Sowohl bei der erstmaligen Verbreitung des englischsprachigen „Sky-Channel“ in Österreich (Anfang 1984) als auch bei der Premiere des deutschen Satellitenprogramms SAT 1 (im Oktober dieses Jahres) stand am Ende eines mehrmonatigen politischen Pokers die in letzter Minute mitgeteilte Wohlmeinung des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt.

Diese Vorgangsweise hinterließ den unangenehmen, aber nicht unberechtigten Eindruck, der Bundeskanzler würde letztlich darüber entscheiden, welches Fernsehprogramm den Österreichern guttäte und welches nicht.

Das sogenannte Kabelrundfunkgesetz soll nun nicht mehr bringen als gewissermaßen die Sanierung eines bisher unklaren und unbefriedigenden Rechtszustandes; eines Rechtszustandes, dem die Wirklichkeit mit Meilenstiefeln vorangelaufen war.

Künftig dürfen grundsätzlich alle jene ausländischen Programme verbreitet werden, die vom Programmauftrag her ähnlichen Kriterien unterliegen wie der ORF. Im Gesetzestext liest sich das so: „Eine Bewilligung zur Verbreitung von im Ausland veranstalteten! Rundfunk darf... nur erteilt werden, wenn das Programm der Information der Allgemeinheit über politische, wirt- , schaftliche und kulturelle Fragen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität sowie der Berücksichtigung der Meinungs Vielfalt, der Vermittlung und Förderung von Kunst und Wissenschaft und der Darbietung von einwandfreier Unterhaltung dient.“

Weiters heißt es, daß im Interesse einer ausreichenden Versorgung mit einwandfreier Unterhaltung auch solche Programme genehmigt werden dürfen, die ausschließlich aus „Darbietung von einwandfreier Unterhaltung“ bestehen. In dieser Bestimmung ist wohl ein Schlupfloch für den englischen Sky-Channel zu sehen, der nur aus Unterhaltungselementen besteht und auf Informationsteile gänzlich verzichtet.

Das in Diskussion stehende Kabelrundfunkgesetz sieht auch eine sogenannte „Spielfilmabonnement-Bewilligung“ vor, worunter PAY-TV zu verstehen ist. Nach dem vorliegenden Gesetzestext soll dies auf jene Programme zutreffen, welche zumindest während 80 Prozent der Gesamtsendezeit Spielfilme vorführen. Auch der österreichische Film ist hier zu berücksichtigen. Diese Programme dürfen keine Informationssendungen und keine kommerzielle Werbung enthalten. In der Praxis wird für Pay-TV eine Monatsgebühr von S 120,— bis S 150,— je Teilnehmer verlangt werden.

Der von Schieder der Öffentlichkeit vorgestellte Entwurf sieht auch vor, die Einspeisung jener grenznahen Radio- oder Fernsehsender („Piraten“), deren Information oder Werbung ausschließlich oder überwiegend für Empfänger in Osterreich bestimmt ist, in österreichische Kabelnetze nicht zuzulassen.

Der Entwurf ist gewiß kein Glanzstück liberaler Medienpolitik. Den Österreichern wird großzügig per parlamentarischem Beschluß das genehmigt, was sie ohnehin tun: nämlich fernsehen, und zwar nicht nur FS 1 und FS 2, sondern auch ausländische Programme.

Die Gesetzesbastler werden sicher gut beraten sein, wenn sie schon ein solches Gesetz wollen, die bürokratischen Vorgänge, das Genehmigungsverfahren und die mitentscheidende Instanz (Kabelrundfunkbeirat) möglichst einfach zu gestalten.

Der Entwurf ist sicher kein Rundfunkgesetz, er ist bestenfalls ein Gesetz über die Weiterverbreitung von Rundfunksendungen mittels Antennenanlagen. Das, worauf manche warten, ein Kabelrundfunkgesetz, welches die Programmschöpfung in Österreich und für Österreich auch privaten Veranstaltern zuläßt, das ist es nicht.

Eine solche private Programmschöpfung, seien es Fernsehprogrammteile für Kabelnetze oder lokaleRadiostationen(Stadtradio), wird sicher einmal der nächstfolgende Schritt sein müssen.

Diesmal konnte er aus politischen Gründen nicht getan werden, Gerd Bacher als Generalintendant des ORF verteidigt auch zum Abschluß seines sechsten Lebensjahrzehntes in alter Frische „sein“ Fernsehmonopol; auch die Zeitungen haben zur Zeit nur schaumgebremstes Interesse an neuen Abenteuern, hat man sich doch eben erst mit dem ORF in einigen Interessenpunkten gefunden und den „Status quo“ für die nächsten drei Jahre zementiert:

Der ORF darf an Sonn- und Feiertagen werben, dafür kommt es nicht zu dem von den Zeitungen befürchteten und bekämpften Jahresausgleich in der Werbung, außerdem verzichtet der ORF auf regionale Fernsehwerbung, auf die zusätzlichen UKW-Frequenzen sowie auf zusätzliche Werbung in Printprodukten des ORF (Nachlese und ö-3-Magazin).

Nichtsdestoweniger: Dieser „Status quo“ wird drei Jahre halten, vielleicht fünf Jahre, aber in den neunziger Jahren wird man wohl auch in Österreich nicht umhin können, auch private Programmveranstalter für Radio und Fernsehen zuzulassen, was für die weitaus überwiegende Mehrzahl der westeuropäischen Staaten noch in den achtziger Jahren keine Neuigkeit sein wird.

Der Autor ist Geschäftsführer der „Telekabel Graz“.

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