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Wird es neben den angestrebten Volksbegehren für und gegen die Inbetriebnahme eines Kernkraftwerkes Zwentendorf demnächst auch noch ein drittes geben, dessen Ziel eine Steigerung der offiziellen österreichischen Entwicklungshilfe ist?

Der Vorsitzende der Katholischen Männerbewegung Österreichs

(KMBÖ), Johannes Fahrnleitner, hatte den Mut, ein solches beim Delegiertentag der KMBÖ, der vom 1. bis 3. Mai in Innsbruck stattfand, anzuregen.

Fahrnleitner kritisierte die dürftigen 0,29 Prozent des Bruttosozialprodukts, die Österreich für staatliche Entwicklungshilfe ausgibt, obwohl die OECD 0,7 Prozent empfiehlt, und regte die Errichtung eines „Erzbischof-Romero-Förderungspreises” an, Für den beim Festgottesdienst auch schon gesammelt wurde.

Der zum Gedenken an den jüngst in der Kathedrale von San Salvador ermordeten lateinamerikanischen Erzbischof angeregte Preis soll Personen, Institutionen oder Aktionen zugunsten größerer sozialer Gerechtigkeit in der Dritten Welt zugutekomrnen. Fahrnleitner erinnerte daran, daß durch die KMB-Aktion „Bruder in Not” seit 1959 rund 300 Millionen Schilling für solche Zwecke aufgebracht wurden.

Als Hauptanliegen der KMB bezeichnete ihr Obmann, der auch Präsident der Internationalen Vereinigung katholischer Männer („Unum Om-nes”) ist, „Männer zum Glauben zu bringen, diesen zu vertiefen und in den Bereichen des Alltags zum Wirken zu bringen”.

In diesem letztgenannten Sinn sei die „Politikerklausel” der Katholischen Aktion neu zu überdenken, die es unmöglich macht, gleichzeitig führender KA-Funktionär und hauptberuflicher Politiker zu sein. Es sei vielmehr logisch, daß „Spitzenrepräsentanten der Katholischen Aktion den Weg in die gesetzgebenden Körperschaften suchen”.

Fahrnleitner bekräftigte vor den 249 Delegierten aus ganz Österreich, die 60.000 KM Bö-Männer in 1532 Pfarrrunden vertraten, daß die Männerbewegung sich auch künftig in „innerkirchliche Auseinandersetzungen um theologische Strömungen nicht einmengen” würde, erbat von den Bischöfen aber in Fällen wie der Causa Küng „rasche Informationshilfen”, denn zur Vertretung kirchlicher Standpunkte brauche man „Informationen und Sachargumente”.

Der Delegiertentag in Innsbruck war gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Geistigkeit (die Kirchenfunktionäre neuerdings „Spiritualität” nennen, womit der stattlichen Anzahl kirchenchinesischer Fachausdrücke ein neuer hinzugefügt worden ist). Über diese geistigen Zielsetzungen äußerte auch Weihbischof Paul Josef Cordes, stellvertretender Präsident des päpstlichen Laien-, rates, große Genugtuung.

In höchstem Maß kam diesem Erfordernis P.Alois Kraxner Geistlicher Assistent der KAÖ, nach, auf dessen Referat „Evangelium gemeinsam leben” die FURCHE noch zurückkommen wird.

Gottesdienst mit den Delegierten feierten Weihbischof Karl Moser (Wien) und Diözesanbischof Paulus Rusch, der die Patronanz über den Delegiertentag übernommen hatte und die Erwartung aussprach, daß „die Männerbewegung konkrete und klare Entscheidungen trifft und Bekenntnis ablegt in Stellungnahmen zu öffentlichen Problemen.” Denn: „Mit dynamisch drängenden Minderheiten ist mehr zu erreichen als mit passiven Mehrheiten.”

An solcher Deutlichkeit der Formulierung ließ Bildungsheim-Direktor Eduard Ploier, Präsident der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), es bei der Schlußveranstaltung nicht fehlen. „Wir erleben heute Gesichter der Angst”, formulierte Ploier die Sorge der Katholiken Österreichs.

Jahr für Jahr gebe es mehr Särge als Wiegen, Zehntausende unerwünschte Kinder erblickten niemals das Licht der Welt. Um die soziale Sicherung der Zukunft müsse man sich Sorgen machen. Treue in Ehe, Priestertum und Ordensstand würde von vielen zum leeren Wahn erklärt.

Auf aktuelle Entwicklungstendenzen anspielend, sagte der Redner: „Ein Staat, der den Schutz des ungeborenen Lebens verfingert, statt ihn zu stärken; ein Staat, der Ehe und Familie nicht mehr als Lebensordnung begreift, sondern nur noch das isolierte Leben von Männern, Frauen und Kindern sieht; ein Staat, der die Notwendigkeit des Generationenopfers nicht mehr begründen kann, weil er selbst nicht mehr an seine Zukunft denkt und für diese vorsorgt - ein solcher Staat mag sich noch von Kompromiß zu Kompromiß flüchten. Er ist aber keine Sicherheit und keine Zukunft für die Bürger.”

Ploier verdeutlichte dann die Erwartungen, die sich an die Katholische Männerbewegung richteten: „das Evangelium selbstbewußt in der ganzen Fülle und Breite zu verkünden”; den Mitgliedern Geborgenheit in der Gruppe zu bieten; Herz und Gefühl ebenso wie Hirn und Verstand anzusprechen.

Seelsorge heute bestehe nicht mehr einfach im Uberwachen und Bewahren der katholischen Lehre, sondern auch in der Verkündigung der Frohbotschaft in Form eines Hilfsangebotes an alle, die ein sinnvolles, ein erfülltes, ein ewiges Leben suchen.

Zur Verdeutlichung dieser Aufgabenstellung war für den Delegiertentag von Generalsekretär Fritz Wolfram (Wien) und Generalsekretär Wilhelm Winter (St. Pölten) eine Tonbildschau zusammengestellt worden, die am ersten Abend schon die Delegierten stark beeindruckt hatte. In vereinfachter Version soll diese Diareihe für den Einsatz in den Pfarren bereitgestellt werden.

Für die Übernahme der seit 1977 verwaisten Position eines Geistlichen Assistenten der KMBÖ hat sich der Provin-zial der Tiroler Franziskaner, P. Clemens Prieth, zur Verfügung gestellt. Er reiht sich in eine geistig und sozial eindrucksvoll engagierte Bewegung ein, von der Kardinal Franz König in einem Grußwort schrieb, sie möge „eine vom Geist Gottes getragene Avantgarde der Kirche in Österreich” sein.

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