7049915-1990_48_14.jpg
Digital In Arbeit

Zeugnis ablegen

Werbung
Werbung
Werbung

1. Neue Sicht der Kirche durch das Konzil:

a) War bisher Kirche vor allem als „Geheimnisvoller Leib Christi" auch von den aktiven Laien gese­hen worden (mit der starken Beto­nung der Hierarchie als Stellver­treter des Hauptes, Christus), wur­de das neue Kirchenbild vom Volk Gottes mit seiner Verbundenheit in der „communio" und den vielen aufeinander bezogenen Diensten begeistert aufgenommen.

Die Arbeit des Laienapostolates wurde und wird seither geprägt von den Dekreten über die Kirche und über das Laienapostolat - und neuestens von der durch die Bi­schofssynode 1987 erreichten und von Papst Johannes Paul II. in sei­nem Schreiben „Christifideles lai­ci" der ganzen Welt bekanntge­machten Weiterentfaltung der konziliaren Grundsätze über den Laien in Kirche und Welt.

Der grundlegend neue Aspekt war die Betonung, daß die Laien kraft Taufe und Firmung zum Apostolat berufen und gerufen sind, nicht durch die Delegierung seitens der Hierarchie, quasi als deren verlän­gerter Arm. Dies führte zu einem neuen Selbstverständnis und Selbstbewußtsein der Laien und deren Organisationen und zu ei­nem neuen Zusammenwirken von Priestern und Laien. Die Pfarraus­schüsse der KA wurden in die Pfarr­gemeinderäte übergeleitet und die­se bekamen als Beratungs- und Mitentscheidungsgremien eine neue Wertigkeit in der Pfarre (und der Pastoralrat auf Diözesanebene). Besondere Form der Mitbestim­mung übten die Laien auf Diöze-sansynoden und dem „Österreichi­schen synodalen Vorgang" aus.

Die Katholische Aktion hat sich spontan und ganz in den Dienst der neuen Gremien gestellt (und dabei manch Eigenprofil verloren). Der rasche Aufbau der Räte wäre je­denfalls ohne die von der KA und einigen anderen laienapostolischen Organisationen geprägten Verant­wortlichen auf pfarrlicher, diöze-saner oder Österreichebene nicht möglich gewesen.

b) Die Lehre des Konzils von der Eigenständigkeit der weltlichen Sachbereiche wurde von den Laien ebenfalls dankbar auf- und ange­nommen. Sie versuchten mit neuer Kraft in diesen Sachbereichen als Christen zu wirken und in ihnen ihr Apostolat zu leben. Diese Eigen­ständigkeit erforderte sicher einen schmerzlichen Abnabelungsprozeß offizieller kirchlicher Stellen, der mit Großherzigkeit und Mut durch­gestanden wurde, zum Vorteil der Kirche, der Sachbereiche und der Menschen, die in diesen Sachberei­chen arbeiten.

Apostolat an den Menschen in diesen Sachbereichen wurde nun in neuer Qualität möglich, da viele Vorbehalte gegen „die Kirche" wegfielen. Das Bild von der Kirche konnte in einer entspannten und sachlichen Atmosphäre geprägt werden. (Leider scheint in neuer Zeit da und dort viel von diesem positiven Bild der Kirche wieder verdeckt zu werden durch neue unkonziliare Bestrebungen.)

2. Die Aufbruchsstimmung nach dem Konzil erlebte einen empfind­lichen Einbruch, an dessen Folgen wir derzeit noch leiden. Vor allem waren es Ereignisse, die bald nach dem Konzil die Christen in Öster­reich erschütterten:

a) Die von vielen Katholiken damals nicht mehr erwartete und dann im Gewissen nicht voll ange­nommene Überzeugung Roms über die Methoden der Geburtenrege­lung;

b) Der spontane und organisato­rische Aderlaß durch den Weggang Hunderter meist junger, aktiver und mit neuen Hoffnungen für kirchli­che Erneuerung erfüllter Priester. Diese Absetzbewegung aus dem innersten kirchlichen Bereich setz­te sich später - auch wegen man­cher römischer Maßnahmen und subjektiv empfundener Rückschrit­te - leider auch bei vielen aktiven Laien fort und hemmte sie zumin­dest in ihrer spontanen und berei­ten Mitarbeit.

3. Diese aktive, freie, „großherzi­ge" Mitarbeit der Laien wird in Zukunft in notwendigem Ausmaß nur gewährleistet sein, wenn meh­rere Voraussetzungen gegeben sind, zum Beispiel:

a) Nach dem Willen des Konzils -und auch nach „Christifideles lai­ci" muß es institutionalisierte Mög­lichkeiten nicht nur der Mitarbeit, sondern auch der Mitbestimmung und Mitverantwortung geben - auf allen kirchlichen Ebenen Öster­reichs. Die Laien müssen in allen kirchlichen Fragen ernst genom­men werden, nicht nur bei der Ordnung der zeitlichen Dinge, son­dern überall dort, wo Lebenspro­bleme der Menschen betroffen sind.

b) Es braucht die volle Verwirkli­chung und Bejahung der „commu­nio", der Gemeinschaft in der Lie­be Christi,im Leben der Kirche.

c) Es bedarf der vollen Bejahung und positiven Sicht der Pluralität des menschlichen Denkens, Ent-scheidens und Handelns auch in der Kirche und durch die Kirche. „Einheit in der Vielfalt". .

d) Es bedarf der ständig neuen Evangelisation. Die Kirche und die Katholiken werden aber nur über­zeugend „evangelisieren" können, wenn sie das lebensnahe Evange­lium, und nicht nur für die Men­schen oft tote Wahrheiten, verkün­den - und wenn sie das Evangelium auch leben. Die Wahrheit muß von den Christen und von der Kirche getan werden: Die Liebe Gottes, die in Christus Mensch geworden ist, will und bringt das Heil für die Menschen. Durch ihr Wort und durch ihre Taten müssen Kirche und jeder einzelne Katholik davon Zeugnis geben, daß Gott da ist und die Fülle seiner Liebe den Men­schen anbietet. Dann werden die Laien bereit und mit innerer Freu­de mitarbeiten in einer Kirche, der die Menschen zugehen, weil sie -auch durch die Mitarbeit der Laien - das für alle erkennbare Zeichen des Heiles ist.

Der Autor ist Präsident der Katholischen Aktion Österreichs.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung