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Zieht Österreich Europa nach?
Naiv, wer da geglaubt hat, der vor einer Woche vom jugoslawischen Staatspräsidium angeordnete Waffenstillstand zwischen Serben und Kroaten würde lückenlos eingehalten werden. Naiv, wer noch auf dieses Staatspräsidium setzt, das in Jugoslawien niemand mehr akzeptiert. Und naiv, wer von wie immer gearteten Feuerwehreinsätzen -sei es der EG, sei es der KSZE - Feueraus-Meldungen erwartet.
Rasche Gesamtlösungen für die jugoslawische Krise sind jetzt kaum mehr zu erwarten. Es bleibt nur die Hoffnung, daß der ganz große Flächenbrand ausbleibt.
Jetzt, da sich Serbiens Nationalkommunist Slobodan Milosevic offenbar entschlossen hat, Rest-Jugoslawien -Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro - unter serbischer Dominanz zu sichern, ist der. Zeitpunkt für neuerliche diplomatische Aktivitäten Europas gekommen. Zweifellos befindet sich Milosevic in einer strategisch äußerst günstigen Position. Serbische Tschetniks und die Armee haben in den serbisch besiedelten Teilen Kroatiens den Einflußgürtel um Bosnien-Herzegowina fest geschnallt. Aber selbst die Gefahr eines neuerlichen Scheitems sollte die EG nicht abhalten, Breschen in Haßfronten zu schlagen.
Den Serben ist einerseits zu signalisieren, daß sie mit ihrer Politik der Gewalt absolut keine Chance in Europa haben; andererseits dürfen sie, die sich als ein von der Geschichte benachteiligtes Volk sehen und mit Schuldzuweisungen an jede mögliche, nur nicht an die eigene Adresse nicht sparen, nicht vorschnell vom neuen europäischen Dialogprozeß ausgeschlossen werden.
Der Europarat, an den Österreich Jugoslawien herangeführt hat, schweigt leider beharrlich zur Krise am Balkan. Kein gutes Omen für künftige Menschenrechtsaktivitäten der Straßburger Bürokratie.
Österreichs „Spiel" mit der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens ist eine deutliche Warnung an das säbelrasselnde Serbien und die jugoslawische Volksarmee, mit einem völkerrechtlichen Akt gefährdete Völker moralisch - mehr bedeutet das zunächst nicht - zu unterstützen. Sollte die Armee in Jugoslawien tatsächlich losschlagen, will Österreich - auch im Alleingang -Slowenien und Kroatien völkerrechtlich anerkennen. Dies trotz Vorbehalten Ungarns und der Tschecho-Slowakei, wo Österreich diesbezüglich sondierte.
Bleibt zu hoffen, daß diese Politik Österreichs erstens auf Serbien Eindruck macht, zweitens tatsächlich geeignet ist, wie sich das Österreich wünscht, Europa nachzuziehen.
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