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Zivildienst ohne Chance ?

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Am 26. Februar gelangt in der Schweiz die mit rund 113.000 Unterschriften eingereichte Volksinitiative „für einen echten Zivildienst" zur Abstimmung. Die In-itianten wollen die Militärdienstverweigerung entkriminalisieren und auch in der Schweiz (als letztem Land Westeuropas) die Möglichkeit für einen Zivildienst schaffen.

Die Gegner befürchten die Aushöhlung der allgemeinen Wehrpflicht durch die Wahlmöglichkeit aufgrund des „Tatbeweises", der mit einem anderthalbmal so langen Zivildiensteinsatz wie die Gesamtheit der verweigerten militärischen Dienste erbracht werden muß.

Auch in Österreich hat man sich mit der Verwirklichung des Zivildienstes als Ersatz für den Militärdienst lange Zeit gelassen. Erst 1974 wurde unter Bruno Kreisky das Zivildienstgesetz verabschiedet, das danach vor allem auf Drängen der Jugendverbände noch mehrmals revidiert wurde. Doch seither ist der Zivildienst in Österreich kein politisches Thema mehr, wie hier im Abstimmungskampf beteuert wird, wo man sich häufig und gerne auf ausländische Beispiele beruft.

In der Schweiz wurden Vorstöße zur Schaffung eines Zivildienstes seit Beginn des Jahrhunderts unternommen. Sie scheiterten aber ausnahmslos — zuletzt 1977, als die Einführung eines Zivildienstes mit einer Nein-Mehrheit von 62 Prozent abgelehnt wurde, vor allem weil über die konkrete Ausgestaltung keine Einigung erzielt werden konnte.

Doch diesmal liegt nicht wie damals eine allgemeine Anregung zur Einführung des Zivildienstes vor, sondern eine ausformulierte Initiative. Dabei wird nicht (wie in Österreich und vielen andern Ländern) der Beweis für eine schwerwiegende Gewissensnot verlangt, sondern der „Tatbeweis" der bedeutend längeren Dauer des Zivildienstes (in Österreich dauert er acht Monate wie der Militärdienst).

Die Initianten gehen dabei davon aus, daß das Gewissen unteilbar sei und von keiner Instanz befriedigend beurteilt werden könne. Der Zivildienst soll ein völlig von der Armee losgelöster Friedensdienst sein.

Dieser Vorschlag hat trotz großem Einsatz der Initianten aus linken und auch vielen kirchlichen Kreisen kaum eine Chance, auch wenn die Zahl der Dienstverweigerer im vergangenen Jahr mit 745 einen neuen Rekord erreicht hat. Die Gegner argumentieren, die „praktisch freie Wahl" zwischen Militär- und Zivildienst, ohne daß ein Gewissenskonflikt glaubhaft gemacht werden muß, bedeute in letzter Konsequenz Verzicht auf die in der Bundesverfassung geforderte allgemeine Wehrpflicht.

Trotz dem vorauszusehenden Nein hat die Initiative bewirkt, daß das Eidgenössische Militärdepartement eine Studie in Auftrag gegeben hat, um Möglichkeiten zu prüfen, wie die Dienstverweigerer aus religiösen und ethischen Gewissensgründen entkriminalisiert werden könnten.

Dabei geht es in erster Linie um den Verzicht auf einen Eintrag ins Strafregister, also einer eigentlichen Verurteilung, sowie um die Möglichkeit, eine Art Ersatzdienst zu leisten, ohne daß sich der Dienstverweigerer über Nacht und an Sonn- und Feiertagen im Gefängnis aufhalten müßte.

Die Initianten sind allerdings damit überhaupt nicht zufrieden und weisen die Vorschläge als pure Abstimmungstaktik zurück.

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