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Zu viel Kultur ?

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„Die Schule näher an die Kultur,'die Kultur näher an die Schule bringen“ - das ist das ehrgeizige Ziel des vor neun Jahren gegründeten „Österreichischen Kultur-Service“.

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„Die Schule näher an die Kultur,'die Kultur näher an die Schule bringen“ - das ist das ehrgeizige Ziel des vor neun Jahren gegründeten „Österreichischen Kultur-Service“.

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Es soll mehr für jene Kultur getan werden, welche die Menschen selbst machen; Kultur, die nicht von irgendwoher angeboten wird, sondern die durch ein Miteinander von Kulturschaffenden und Schülern entsteht — dies ist die Intention des vom damaligen Unterrichtsminister Fred Si-nowatz ins Leben gerufenen Vereins „österreichisches Kultur-Service“. Ein berechtigtes Ziel, auch ein schwieriges. Wie arbeitet nun das Kulturservice (ÖKS) und wie sind seine Erfolge?

Das ÖKS bietet Anregungen, das kulturelle Leben an der Schule auszubauen — wobei das Wort Kultur nicht nur mit den unter dem Wort „Kunst“ zusammengefaßten Begriffen wie Musik, Literatur oder Malerei ident sein soll. Kultur bedeutet hier im weitesten Sinn jene — geistige — Sphäre, in der wir leben, also auch Diskussion über aktuelle gesellschaftliche und politische Themen, das Zusammentreffen mit Künstlern, Literaten, Architekten oder Journalisten. Nicht zuletzt sollen von seiten der Schüler Aktivitäten gesetzt, so etwa Theaterveranstaltungen, Tanzabende oder Exkursionen veranstaltet werden.

Seine Hauptaufgabe sieht das ÖKS daher nicht so sehr darin, Programme von oben vorzugeben. Vielmehr wollen die sechs hauptberuflich bei der Servicestelle in der Wiener Taborstraße beschäftigten Mitarbeiter bei der Organisation (so wird zum Beispiel der Weg zu Künstlern oder zu Autorenvereinigungen geebnet), beim Drucken von Schülerzeitungen und Plakaten und nicht zuletzt finanziell behilflich sein. Anfallende Kosten oder Honorare werden mit (höchstens) tausend Schilling pro Veranstaltung unterstützt.

Genau hier beginnen aber die Schwierigkeiten des Kulturservice. Die Hälfte der vom Unterrichtsministerium zur Verfügung gestellten acht Millionen Schilling pro Jahr wird für den Bürobetrieb aufgewendet. Weiters dringen die Aktivitäten des ÖKS nicht immer bis in alle Bundesländer, Regionen und Schulen durch. Zu groß ist die Skepsis mancher Lehrer; Interessenkonflikte und parteipolitische Differenzen tun ihr übriges. Manche erwecken den Anschein, die Schule böte sowieso zu viel Kultur.

Dies alles sind Tatsachen, die sich nach der Vorstellung des neuen, seit Februar im Amt befindlichen Leiters, Hans Witke, bald ändern sollen:

„Die fünfzig Prozent, die für den Verwaltungsapparat drauf-gehen, sehe ich als oberste Schmerzgrenze. Mein Ziel ist es, künftig unter diesem Wert abzuschließen.“

Auch was die Versorgung von Schulen, Lehrern und Schülern mit den Anregungen des Kulturservice angeht, soll sich einiges ändern. Der aus Salzburg stammende Lehrer pendelt nun ständig zwischen dem Wiener Büro und den Bundesländern, um persönliche Kontakte zu pflegen, Spannungen aus der Welt zu schaffen und skeptische Schulbeamte von den Leistungen des Kulturservice zu überzeugen. Eben aus diesem Grund — um Mißtrauen abzubauen und Bundesländerfreundlichkeit zu üben—holte Unterrichtsminister Herbert Moritz den ÖVP-Gemeinderat Witke als neuen Leiter des Kulturservice nach Wien.

Neben der Intensivierung persönlicher Kontakte rief Witke auch die vierteljährlich erscheinende Programmzeitschrift, die vor drei Jähren aus Kostengründen eingestellt worden war, wieder ins Leben. Das darin enthaltene Angebot ist weit gestreut: Diskussion mit dem Philosophen Roland Steidl und einigen Biologen über Umweltfragen, mit Anton Pelinka über die Parteienlandschaft, Schreibwerkstätten (Jugendliche schreiben, unter Mitwirkung eines Autors, einige Texte), eine Multi-Media-Show von Manfred Schilder zu klassischer Musik, Anregungen für Sport, Spiel, Architektur, Malerei.

„Ich würde es lächerlich finden, nach Kategorien von Musik bis Malerei einzuteilen, zu fragen, machen wir jetzt mehr Literatur oder mehr Diskussion. Ich frage mich einfach, wo gibt es die meisten Vorurteile in unserer Gesellschaft. Auch das gehört zur Kultur“, meint der ÖVP-Gemeinderat.

Besonders am Herzen liegt Hans Witke hiebei die im letzten Programmheft angebotene Be-fassung mit slowenischer und jüdischer Kultur. In Zusammenarbeit mit dem Slowenischen Kulturverband beziehungsweise der Israelitischen Kultusgemeinde können Diskussionen, Dichterlesungen oder Besuche kultureller Einrichtungen organisiert werden. Ohne Seitenhiebe und Aggressionen sollen Vorurteile abgebaut und Verständnis geschaffen werden. „Dazu bekenne ich mich“, sagt Hans Witke, „auch wenn es dagegen immer noch Widerstände gibt, und das quer durch alle Lager.“

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