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Zum Beispiel Salzburg

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Nein, mit der Bundespolitik hatten die Gemeinderatswahlen in Salzburg nichts zu tun, aber der allgemeine politische Trend, der bei diesen Wahlen wirksam wurde, könnte sich auch in der Bundespolitik auswirken.

Da bewarben sich 13 Listen um die Gunst der Wähler. Bei der letzten Wahl, 1987, waren es zwölf, aber von diesen zwölf waren bei den jüngsten 13 die meisten wieder verschwunden. Mobil sind nicht nur die Wähler geworden, sondern auch die Parteigründer.

In Salzburg zieht nun ein 74j ähriger in den Gemeinderat ein; er ist Chef der „Autofahrerpartei". Die alten Kämpfer für das Auto gewannen zwei Mandate, ebensoviel wie die Liste Masopust. Dietrich Masopust ist jener FPÖ-Stadtrat, der das Wohlgefallen seines obersten Chefs verloren hatte, und der nun trotzig mit eigener Liste demonstrieren wollte, daß man als militanter Auto-Gegner in der Stadt auch Stimmen gewinnen kann.

Eine andere farbige Figur ist der Schauspieler Herbert Fux. Seine Bürgerliste konnte ihren Mandatsanteil von vier auf sieben erhöhen, und es schadete dem Film-Bösewicht nicht, daß man ihm just zur Zeit des Wahlkampfes vorwarf, er habe in einem Pornofilm mitgewirkt.

Die nun schon banale Erkenntnis, daß die Zeit der absoluten Mehrheiten vorbei sei, hat sich auch in Salzburg als richtig er-

wiesen: Die SPÖ verlor neun von 21 Mandaten! Das ist ein Verlust, der für österreichische Verhältnisse noch sensationell ist und ein Symptom dafür, daß auch der scheinbar sicherste Besitzstand nicht mehr ungefährdet ist. Die sogenannten Großparteien pendelten sich in Salzburg bei 28 Prozent (SPÖ) und bei 24,8 Prozent (ÖVP) ein. Die FPÖ erreichte 14,5 Prozent. Zählt man die Stimmen dazu, die der Dissident Masopust einheimste, liegt sie bei rund 20 Prozent.

Der Schock der SPÖ ist verständlich. Das Wahlergebnis zeigt, daß die Parteistrategen sich künftig mehr einfallen lassen müssen, weil der Wähler sehr rasch und hart reagiert. Es genügt nicht, einen braven Parteisoldaten als Spitzenkandidaten aufzustellen, für den mit der eindringlichen Formel „Wir wählen unseren Bürgermeister wieder zum Bürgermeister" geworben wurde.

Zur Beweglichkeit der verbliebenen Wähler kommt die beharrliche Abstinenz der NichtWähler: In Salzburg gingen am vergangenen Sonntag nur 55 Prozent der Wähler zu den Urnen. 1987 waren es immerhin noch 62 Prozent.

Der SPÖ-Bürgermeister Harald Lettner zeigt sich „fassungslos", beruhigte sich aber dann damit, daß die SPÖ noch immer stärkste Partei sei und versicherte, er wolle bleiben.

Das ist genau die Reaktion, mit der Politiker Wähler zu immer tollkühneren Aktionen treiben.

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