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Zur Reform des Haushaltsrechts

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Die Staatsquote wird in diesem Jahr in Österreich voraussichtlich erstmals 50 Prozent überschreiten. Damit rücken die öffentlichen Haushalte um so mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses: Auf diesem Gebiet werden entscheidende Weichenstellungen vorzunehmen sein. Mit der wissenschaftlichen Aufbereitung wichtiger Fragenkomplexe hat das Institut für angewandte Sozial- und Wirtschaftsforschung - besser bekannt als „Wenger-Institut” - wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Das Institut war seinerzeit in der „Withalm-Ära” eine wichtige Produktionsstätte sachlicher Unterlagen für die österreichische Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Dem interessanten Phänomen der „Flucht aus dem Budget” geht nun der Innsbrucker Finanzwissenschafter Dr. Christian Smekal auf den Grund. Dabei handelt es sich darum, daß eine Gebietskörperschaft die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe auf Organisationsformen außerhalb ihres Budgets überträgt wie etwa auf Sonderfinanzierungsgesellschaften, auf öffentliche Fonds und Leasingfinanzierungen. Durch diese Sondergesellschaften (auch für Autobahnbau oder die „UNO-City”) werden Milliardenbeträge für öffentliche Investitionen außerhalb des Bundesbudgets verausgabt und damit außerhalb der Verschuldungsgrenzen des Bundes.

Zu ihrer Finanzierung werden Schuldverpflichtungen eingegangen, die den Investitionsbetrag wesentlich übersteigen und im öffentlichen Haushalt nicht aufscheinen. Nach Schätzungen wird der Investitionsbedarf dieser Sondergesellschaften von 1977 bis 1980 auf insgesamt 14 Milliar den und deren Fremdgeldbedarf im selben Zeitraum auf 21 Milliarden Schilling ansteigen.

Die Erscheinungsformen der „Flucht aus dem Budget” erstrecken sich auf alle gebietskörperschaftlichen Haushalte. Eine umfassende Haushaltsreform auf allen politischen Ebenen erscheint dringend notwendig, um der weiteren Auflösung der öffentlichen Haushalte in unkontrollierte Verwaltungsgebarungen Einhalt zu gebieten.

In Österreich werden gut 40 Prozent der Gesamtausgaben der Gebietskörperschaften von den Haushalten der Länder und Gemein den bestritten. Überlegungen zu einer umfassenden Finanzreform in Österreich können an diesen föderalistischen Aspekten nicht vorübergehen. Die juristische Grundlage dieser Entwicklung, die Finanzverfassung, steht heute in einem Spannungsfeld zwischen Zentralisierungs- und Dezentralisierungspostulaten. In der vorliegenden Arbeit versucht der Grazer Univ.-Prof. Dr. Hans Georg Ruppe auf Grund einer eingehenden Untersuchung der beiden Postulate eine solche Kompromißlösung zu skizzieren und entsprechende rechtspolitische Vorschläge zu entwickeln.

Wenngleich die rasche Expansion der Staatstätigkeit auf dem Investitionssektor entgegen früheren Erwartungen relativ wenig zum Ausdruck kommt, entfällt doch in Österreich immerhin nahezu ein Fünftel aller Investitionen auf die Gebietskörperschaften, davon entfallen einschließlich Wien rund 60 Prozent auf die Gemeinden und etwas weniger als ein Drittel auf den Bund, der Rest auf die Länder. In der Bauwirtschaft entfällt mehr als die Hälfte des Auftragsvolumens auf öffentliche Aufträge. Diese Entwicklung wirft vor allem zwei Probleme auf: Wie muß die Vergabe öffentlicher Aufträge organisiert sein, daß sie sich möglichst reibungslos in die marktwirtschaftliche Ordnung einfügt und Mißbrauche wirtschaftlicher Macht im Wege eines Vergabeprotektionismus möglichst verhindert werden? Zum anderen: Wie kann in Zeiten zunehmender Verknappung der verfügbaren Budgetmittel deren möglichst wirtschaftliche Verwendung auch bei der Vergäbe von Staatsaufträgen institutioneil gewährleistet werden, ohne daß es zu Praktiken kommt, die für die betroffenen Unternehmen ruinös sind?

Die Lösung dieser schwierigen Probleme wird seit Jahrzehnten in der Ausgestaltung eines besonderen Vergaberechts gesucht, um dessen zeitgemäße Neuordnung seit einiger Zeit wieder beraten wird. Der Wiener Verwaltungsrechtler Dr. Karl Wenger legt auf Grund eingehender entwicklungsgeschichtlicher und rechtsvergleichender Untersuchungen eine fundierte Diskussionsgrundlage vor. An den wohlfundierten Vorschlägen des Wenger-Instituts sollte man nicht Vorbeigehen.

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