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„Zur Verfassungsreform überzeugen“

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„Furche"-Gespräch mit Univ.-Prof. Felix Ermacora über sein Konzept als Parlamentarier

FURCHE: Wie motivieren Sie Ihren Schritt von der Wissenschaft in die Politik?

ERMACORA: Ich glaube durch meine fast 20jährige Arbeit gezeigt zu haben, daß ich als Wissenschaftler zu den Fragen der Gesellschaftstheorie mehr oder weniger Entscheidendes beitragen kann. Es ist für mich jetzt der Punkt gekommen, wo ich mich wissenschaftlich entweder tiefer dem Völkerrecht widmen muß, oder den Problemen der eigentlichen Gesellschaftstheorie. Um diese voll und ganz zu begreifen, kann man nicht nur zuschauen, sondern muß man mitgestalten. Darüber hinaus sind mir die Max-Scheler-Worte, eines der führenden Wissenschaftstheoretikers zu Beginn dieses Jahrhunderts, im Ohr, wo er sagte: Es mag eine wissenschaftliche Theorie noch so gut sein, wenn es keine Menschen gibt, die sie aufgreifen und verwirklichen, bleibt diese Theorie eben nur in den Büchern.

FURCHE: Sie haben wiederholt eine Totalrevision der Verfassung gefordert. Einer Verfassung, die, wie Sie meinen, von tatsächlichen Gegebenheiten, von Fakten überwuchert ist und sich in weiten Bereichen der modernen Gesellschaft nicht konform zeigt. Gehört diese Totalrevision der Verfassung, oder zumindest d&r Versuch, sie umzuformen, zu ihren Anliegen in der kommenden Legislaturperiode?

ERMACORA: Die Forderung nach einer Totalrevision der Verfassung entspringt aus der wissenschaftlichen Erkenntnis von dem Verhältnis politischer Wirklichkeit und Verfassungsrecht. Ich glaube, daß die bisherige Politik in Österreich die Verfassung als ein notwendiges Übel ansieht, die eher zur Last wird, als daß man mit ihr etwas gestaltet. Ich werde es schwer haben, die politischen Pragmatiker davon zu überzeu gen, an eine Verfassungsreform heranzugehen. Jedenfalls wäre es notwendig, daß bei normalen gesellschaftlichen Verhältnissen das Parlament in Form von großangelegten „Hearings“ Hauptstück für Hauptstück der Bundesverfassung der Öffentlichkeit konfrontiert und daß man die Fragen ihrer Bewährung diskutiert.

FURCHE: Sie haben den Schritt in die Politik auch getan, um — wie Norbert Leser es genannt hat — der Politik ihre wissenschaftliche Unschuld zu nehmen. Wie würden Sie sich selbst, gültig für die nächsten vier Jahre, definieren?

ERMACORA: Ich sehe mich in der nächsten Legislaturperiode als einen Akzentuierer und Moderator.

FURCHE: Auch Akzelerator?

ERMACORA: Gewiß auch. Es gibt genug Probleme, die beschleunigt behandelt werden sollten …

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