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Zuspruch & Widerspruch

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Von 4. bis 11. März läuft die Eintragungsfrist für das Konrad-Lorenz-Volksbe-gehren. Die FURCHE bietet dazu Serviceinformation und einige pointierte Stellungnahmen.

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Von 4. bis 11. März läuft die Eintragungsfrist für das Konrad-Lorenz-Volksbe-gehren. Die FURCHE bietet dazu Serviceinformation und einige pointierte Stellungnahmen.

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Alois Brandstetter:

Ein Signal

Ich glaube, daß der Fortschritt nicht in ständigem Wachstum auf allen Ebenen liegt. Das Volksbegehren ist für mich daher ein Signal für eine Besinnung auf das, was wirklich Lebensqualität bedeutet. Ich unterschreibe, weil meiner Meinung nach die trivialen Wachstumsvorstellungen bereits abgewirtschaftet haben — und das sehe ich sogar mit einer gewissen Schadenfreude.

A. Brandstetter ist Schriftsteller und Professor für Germanistik an der Universität Klagenfurt.

Ignaz Zangerle:

Vorbehalte

Das Volksbegehren ist mir nicht umfassend genug. Es geht ja heute nicht nur um den Schutz der Natur, es geht bereits um den Schutz des Menschen. In ein künftiges Verfassungsgesetz gehörte zum Beispiel der Schutz der menschlichen Erbsubstanz vor jeder Genmanipulation, der Schutz des werdenden Lebens oder auch der Schutz der Zivilbevölkerung in einem Kriegsfall sowie gesetzliche Vorkehrungen gegen jede Form der Euthanasie.

Wenn ich das Volksbegehren unterschreibe, dann nur unter diesen Vorbehalten. Momentan tendiere ich eher zu Nein, weil der Gesetzesvorschlag des Volksbegehrens unvollständig ist.

I. Zangerle ist Kulturphilosoph und Theoretiker wie Praktiker der Erwachsenenbildung.

Fritz Paschke:

Gute Variante

Ich glaube, daß wir uns in der Energiegewinnung von den fossilen Brennstoffen wegbewegen müssen. Und es bieten sich stattdessen nur die Wasserkraft und die Kernenergie an. Je länger ich darüber hinaus die Variante der Donaukraftwerke für den Standort Hainburg studiere, desto besser gefällt sie mir.

Die energiepolitischen Alternativen, die das Volksbegehren vorschlägt, würde eine Abkoppelung Österreichs von den hochindustrialisierten Ländern bedeuten und deshalb werde ich nicht unterschreiben.

F. Paschke ist Professor für Allgemeine Elektrotechnik an der Technischen Universität Wien.

Peter Weiser:

Nur

Verbrämung

Bei dem Volksbegehren geht es ausschließlich um Hainburg — alles andere ist Verbrämung. Die Energieverwertungsagentur hat sich guten Gewissens zu einem Donaukraftwerk bei Hainburg entschieden. Und auch ich persönlich werde das Volksbegehren nicht unterschreiben.

P. Weiser leitet die Energieverwertungsagentur (EVA) in Wien.

Senta Ziegler:

Widerstand

Ich werde aus zwei Gründen das Volksbegehren unterschreiben. Der erste Grund ist der, daß ich meine Stimme für den natürlichen Lebensraum von Tieren und Pflanzen abgeben möchte, selbst um den Preis eines nicht ständig steigenden Lebensstandards.

Der zweite Grund ist ein politischer: Ich möchte entschieden meinen Widerstand zum Ausdruck bringen gegen die Regierung und die Konzernbosse, die glauben, am Rande des Gesetzes und ohne Einhaltung der demokratischen Spielregeln entscheiden zu können. Und wenigstens durch meine Unterschrift möchte ich zu dieser Widerstandsgruppe gehören.

S. Ziegler ist freie Journalistin in Wien.

Hannes Schopf:

Phrasenhaft

Ich bin für direkte Demokratie und gegen den Bau in der Au, gegen das Donaukraftwerk Hainburg. Entschieden bin ich jedoch dagegen, deshalb unterschreiben zu müssen, daß ich für die Stillegung aller in Betrieb befindlichen Kraftwerke zu sein habe, die „Abwärme nicht ausreichend nützen”. Dazu zwänge mich beispielsweise dieses Volksbegehren. Ein Grund, warum ich nicht unterschreibe.

Ein grundsätzlicher: Volksbegehren sollen konkret sein. Dieses Volksbegehren ist vage, phrasenhaft und legistisch unzulänglich, gleichsam Politik mit „Kleingedrucktem”. Das ist unfair gegenüber dem Bürger, weil Folgen nicht absehbar sind. Das ist die traditionelle Katze im Sack, sozusagen dasselbe in Grün.

Christof Gaspari:

Druck machen

Sicher läßt sich manches gegen das Volksbegehren einwenden:

Es trägt juristischen Gesichtspunkten zu wenig Rechnung.

Es will — obwohl es unter Flagge Verhinderung des Kraftwerks Hainburg segelt - weitreichende Veränderungen, die manchem Unterzeichner nicht bewußt sind.

Es ist nicht aus einem Guß, schwer gesetzlich umzusetzen.

Und dennoch: Für mich ist wichtig, daß hier ein Signal für neue Prioritäten in der Politik gesetzt wird. Die Erhaltung unseres gefährdeten Lebensraumes erfordert Maßnahmen, nicht Lippenbekenntnisse. Je mehr Wähler sich zu diesen Prioritäten bekennen, umso stärker wird der Druck auf die Entscheidungsträger.

Daher werde ich das Volksbegehren unterschreiben.

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