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Zuviel Geld für „tote“ Betriebe

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Kursänderung oder so wie bislner weiterwirtschaften? Die SPÖ-Mehrheit im Nationalrat ennpfahl der Regierung in der Sondersitzung am 17. September letzteres. Gunther Tichy, Professor für Vplkswirt-schaftspolitik an der .Grazer Universität, hat aber an diesem Kurs einiges auszusetzen.

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Kursänderung oder so wie bislner weiterwirtschaften? Die SPÖ-Mehrheit im Nationalrat ennpfahl der Regierung in der Sondersitzung am 17. September letzteres. Gunther Tichy, Professor für Vplkswirt-schaftspolitik an der .Grazer Universität, hat aber an diesem Kurs einiges auszusetzen.

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Die Häufung von Konkursen in den letzten Monaten hat die Bevölkerung beunruhigt. Man fragt sich: Wer wird noch aller folgen? Und tatsächlich werden noch einige folgen.

Wo liegen die Ursachen dieser Probleme? Es lassen sich zumindest fünf Gruppen von Ursachen erkennen:

1. Die weltweite und nun schon recht lange anhaltende Konjunkturschwäche.

2. Die weltweiten Probleme bei der Strukturanpassung an die neue internationale Arbeitsteilung (Produktion einfacher Produkte durch die Entwicklungsländer) sowie die weltweite Wachstumsverlangsamung auf etwa die Hälfte der früheren Werte.

3. Die Energieverteuerung und die Hochzinspolitik, die ihrerseits wieder Folge der amerikanischen Versuche der Inflationsbekämpfung ist.

4. Ein marktwirtschaftlicher Ausleseprozeß, der uns nur in der bisherige Periode hohen Wachstums nicht zu Bewußtsein gekommen ist:

In dynamischen Wirtschaften, wie etwa der USA, gehen jährlich etwa acht Prozent der Arbeitsplätze durch marktwirtschaftliche Ausleseprozesse verloren, das wären in Osterreich rund 200.000 bis 250.000. Unter dynamischen Gesichtspunkten kann es nicht darum gehen, diesen Ausleseprozeß zu verhindern, sondern im selben oder noch höheren Ausmaß neue Arbeitsplätze zu schaffen.

5. Wirtschaftspolitische Fehler, wie eine überzogene Hartwährungspolitik in den Jahren 1971 bis 1977 (reale Aufwertung um 26 Prozent), die allerdings seither durch eine reale Abwertung von zwölf Prozent im Zeitraum 1977 bis Mai 1981 bereits zur Hälfte wieder kompensiert wurde, gemeinsam mit der steigenden Belastung, weniger durch Steuern als durch Sozialversicherungsbeiträge im weiteren Sinn.

Die meisten dieser Probleme treten weltweit auf und sind von Österreich im Alleingang sicherlich nicht zu ändern. Daher stellt sich die Frage: Wie wird man mit der weltwirtschaftlichen Herausforderung fertig?

Die einzige Lösung liegt in einer Doppelstrategie:

1. Kurzfristiges Auffangen mit konjunkturpolitischen Maßnahmen, ein Bereich, der in Österreich bisher gut gelungen ist, sogar besser gelungen ist als in anderen Staaten, allerdings auf Kosten einer Belastung der Zukunft durch Staatsschulden und Leistungsbilanzprobleme.

2. Endgültige Lösung durch strukturpolitische Maßnahmen, die die Wirtschaft in die Lage versetzen, im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen.

Können österreichische Maßnahmen der Strukturpolitik gegen die weltweiten Probleme wirklich helfen? Die Antwort ist: Ja.

Die weltweiten Strukturprobleme haben einen internationalen Wettlauf ausgelöst. Alle Staaten

machen intensive struktur- und energiepolitische Anstrengungen.

Wer solche Maßnahmen am raschesten und effizientesten ergreift, kann den internationalen Wettlauf gewinnen und hat damit bessere Chancen für die Zukunft. Wie das vorhin erwähnte amerikanische Beispiel zeigt, läßt sich nicht verhindern, daß Firmen vom Markt verschwinden, aber es muß erreicht werden, daß neue Firmen im entsprechenden Ausmaß gegründet werden und bestehende Firmen im entsprechenden Ausmaß Produktion und Beschäftigung ausweiten.

Wie steht Österreich in diesem internationalen Wettlauf?

Österreich liegt im konjunkturpolitischem Bereich relativ gut und es ist in Österreich auch (noch immer) gelungen, durch relativ große Konstanz der Rah-meribedingungen recht positive Zukunftserwartungen der Unternehmer zu sichern.

Wesentliche Elemente der Konstanz der österreichischen Rahmenbedingungen waren die Existenz der Sozialpartnerschaft, die die Lohnkostenbelastung für die Unternehmer im großen und ganzen kalkulierbar machte und die verschiedenen Formen der indirekten Investitionsbegünstigung, die die Investitionen langfristig kalkulierbar machten.

Im Bereich der Strukturpolitik steht Österreich relativ schlecht: Fast alle Maßnahmen beziehen sich auf Konservierung, was den Strukturwandel und Produktivitätsfortschritt drückt.

Es wurden keine Maßnahmen ergriffen, die die industrielle Dynamik verbessern. Direkte Förderungsmittel gingen bisher in viel zu großem Umfang an große und (langfristig) tote Unternehmen, in die falschen Branchen und in die falschen Regionen, i Was müßte geschehen?

• Ein effizientes Energie-Sparprogramm, das in diesem Rahmen hier nicht zu behandeln ist;

• effiziente Maßnahmen zur Förderung des Technologietransfers

• Förderung von Betriebsgründen insbesondere in technologisch hochwertigen Branchen;

• Erleichterung der Eigenkapitalbildung insbesondere der Zuführung von Risikokapital von außen;

• Maßnahmen der Regionalpolitik um die richtigen Betriebe in die richtigen Regionen zu bekommen.

In Wien und in den größeren Landeshauptstädten sollten vor allem Dienstleistungs- und Forschungsbetriebe, von Produktionsbetrieben nur die in der ersten Stufe des Produktzyklus angesiedelt werden, in alten Industriegebieten mit relativ hohem Lohnniveau spezialisierte Betriebe, insbesondere der Investitionsgüterindustrie, im ländlichen Niedrig-Lohnraum Betriebe wenig spezialisierter Serienproduktion.

Derzeit gilt hingegen fast das umgekehrte Muster, wie etwa die Ansiedlung von General Motors in Wien beweist.

Weiters bedarf es natürlich intensiver Hilfe bei der Neugründung von Unternehmungen. Dort liegt bei uns wahrscheinlich eines der ärgsten Probleme.

Nach amerikanischen Untersuchungen entstehen 80 Prozent aller neuen Arbeitsplätze in Unternehmungen, die noch nicht vier Jahre alt sind, und zwei Drittel aller neuen Arbeitsplätze in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten.

Vergleicht man damit die österreichischen Versuche, Arbeitsplätze in konkursreifen Unternehmen zu halten, bedarf es keiner langen Worte, wo die österreichischen Probleme liegen.

Trotz aller Schwierigkeiten ist die österreichische Lage nicht aussichtslos. Die Chancen für eine Sanierung sind durchaus besser als in anderen Staaten, allerdings haben wir wertvolle Zeit zur Lösung unserer Strukturprobleme bereits verloren: Ökonomen weisen auf s^e schon seit fünf, zehn und zum Teil sogar fünfzehn Jahren hin.

Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung einer Wirtschaftsanalyse des Autors vor dem Wirtschaftspolitischem Rat der OVP am 28. August.

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