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Zwang zum Glück?

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Die rege Diskussion über die unvermeidliche Kürzung der ASVG-Leistungen, verbunden mit der andauernden Debatte über die Entwürfe für ein Pensionskassengesetz und für ein Betriebspensionsgesetz, haben in jüngster Zeit mehr und mehr die Notwendigkeit betrieblicher und privater Vorsorge erwiesen.

Während es empfehlenswert ist, daß kleinere Betriebe sich mit den bestmöglichen herkömmlichen Finanzierungsprodukten zufrieden geben sollten - und das gilt insbesondere für Deckung von Risikoleistungen wie Berufsunfähigkeitsund Hinterbliebenenversorgung, können größere Unternehmungen beziehungsweise Konzerne, besonders wenn international tätig, die Möglichkeit der Anwendung höher entwickelter Finanzierungswege erproben. Bei solchen Untersuchungen sollte man Leistungsumfang und -bedarf überprüfen wie auch, anhand von finanzmathematischen Hochrechnungen, die damit verbundenen Belastungen und ihre Dynamik ermitteln. Grundlage für solche, bei größeren Betrieben unbedingt notwendige, Untersuchungen werden die vom Gesetzgeber abgesteckten Rahmenbedingungen wie auch weltweit gesammelten Erfahrungswerte sein.

Die Vielfalt der Gründe, aus denen ein Unternehmen sich für eine Zusatzversorgung zugunsten der Mitarbeiter entscheidet, steht hier nicht zur Debatte. Dies erfordert eine geschäftspolitische Grundsatzentscheidung. Die Gestaltung der eigentlichen Versorgungspläne sollte dann im Laufe der Jahre überwacht und an die Veränderungen der jeweils aktuellen Gegebenheiten angepaßt werden. Dabei werden betriebsexterne sowie betriebsinterne Faktoren eine wesentliche Rolle spielen.

Reine Risikoleistungen sollten von den kapitalbildenden Leistungen getrennt gehandhabt werden, wobei das Zusammenspielen dieser zwei Arten der Vorsorge eine Optimierung des Endresultates als Ziel haben muß. Für jüngere Mitarbeiter, die zwangsläufig eine kürzere Betriebszugehörigkeit beziehungsweise AS VG-Mitgliedschaft haben, sind Risikodeckungen (Todesfall-und Berufsunfähigkeitsleistungen) ein Muß. Gestandenen Mitarbeitern, ab etwa zehn Jahren Betriebszugehörigkeit, sollte man einen gehaltsabhängigen Anspruch auf Alterspension unter Berücksichtigung der ASVG-Leistungen einräumen; die obenerwähnten Risikoleistungen sollten auch ergänzt beziehungsweise erweitert werden.

Neben dem Todesfallkapital ist es angebracht, sowohl eine Witwen-/ Witwerrente als auch eine Waisenrente vorzusehen. Zum Teil sollte man auch versuchen, dem Wunsch der Mitarbeiter, Eigenbeiträge zur Ergänzung der versprochenen Leistungen zu entrichten, entgegenkommen. Systeme aber, die in diesem Sinne eine Pflichtbeteiligung der Dienstnehmer vorsehen, sind mit gewisser Skepsis zu betrachten und entsprechen nicht dem international anerkannten Modell der Grundversorgung.Die Eigenvorsorge der einzelnen sollte nicht mit einem „Zwang zum Glück“ verwechselt werden!

Höherrangigen Mitarbeitern, die ein Vielfaches der Höchstbemes-sungsgrundlage (HBG) in der Sozialversicherung verdienen, werden Pensionszusagen erteilt, die die oben skizzierten Leistungen erhöhen und die Beibehaltung des hohen Lebensstandards sicherstellen. Bei der Festlegung aller dieser Leistungen könnte auch die gesetzlich verankerte Abfertigung mitberücksichtigt werden. Dies hängt jedoch von der geschäftspolitischen Grundsatzentscheidung ab.

In immer größer werdendem Maß gewinnt mittlerweile auch der Bedarf eines über den von der Sozialversicherung angebotenen hinausgehenden Krankenversicherungsschutzes an Bedeutung. Es gibt auch hier die Möglichkeit vom Dienstgeber her, durch entsprechende Gruppenverträge, mit oder ohne Beitragsbeteiligung der Dienstnehmer, günstigere Konditionen zu erzielen. Es ist vorauszusehen, daß solche Versicherungen immer gefragter und, in nächster Zukunft, zum gesamten Versorgungspaket gehören werden. Aus diesem Grund werden die Produkte, die von den Privat-Krankenver-sicherern angeboten werden, laufend an die aktuellen Gegebenheiten angepaßt.

Bei der Einrichtung von betrieblichen Versorgungsplänen ist eine gründliche Überprüfimg der zur Verfügung stehenden Finanzierungsmodelle erforderlich.

Wie schon eingangs erwähnt, müssen kleinere Betriebe bei der Finanzierungswahl auf höchste Sicherheit achten, größere Firmen beziehungsweise Konzerne hingegen, besonders wenn international tätig, können sich unter Beachtung einer ausgewogenen Risikostreuung für maßgeschneiderte Varianten entscheiden. Die Firmen, die hier angesprochen werden, können in drei Kategorien unterteilt werden.

1. Inländische Betriebe mit Niederlassungen im Ausland und insgesamt mehr als 300 Mitarbeitern.

2. Österreichische Niederlassungen von ausländischen Konzernen, die mehr als 300 Mitarbeiter haben.

3. Inländische Betriebe ohne Auslandsniederlassungen aber mit einer über dem Durchschnitt liegenden Zahl von versicherten Dienstnehmern.

Solche Unternehmen können an einem internationalen Poolingver-fahren teilnehmen. Bei einem solchen Verfahren werden verschiedene Verträge - im Inland und Ausland abgeschlossene - unter einem internationalen Agreement zwischen Mutterhaus und dem international tätigen Versicherungspartner geführt.

Zunächst werden dabei in jedem einzelnen Land, die dort günstigsten Vereinbarungen getroffen und die Verträge abgewickelt, dann wird mittels einer Abrechnung zweiten Grades dem Schadensverlauf der gepoolten Verträge Rechnung getragen.

In Versicherungsjahren mit gutem Schadensverlauf gibt es eine zusätzliche Gewinnbeteiligung, die dem Vertragspartner sofort gutgeschrieben wird, in Jahren mit höheren Schadensquoten wird diese Gewinnbeteiligung entweder gering oder null sein. Bei einem negativen Abschluß gibt es einen Saldovortrag, der in den nächsten guten Jahren berücksichtigt wird.

Um das Poolingverfahren besser zu durchleuchten, nehmen wir folgendes Beispiel an: ein österreichisches Großunternehmen mit achthundert Mitarbeitern entscheidet sich für einen Versorgungsplan mit einer Risikogrundvorsorge, einem Pensionsplan für Mitarbeiter mit mehr als zehn Jahren Betriebszugehörigkeit und einer Reihe von Einzelzusagen für das Top-Management.

Aus steuerrechtlichen Gründen, wie um auch die Lohnnebenkosten auf einem Minimum zu halten, empfiehlt sich für die Grundstufe der Hinterbliebenenversorgung -Todesfallkapitalleistung - die Direktversicherung nach Paragraph 3 EStG. Bei den jüngeren Jahrgängen reicht die 4.000-Schil-ling-Obergrenze in den meisten Fällen aus, um eine Versicherungssumme von ein bis zwei Jahresgehältern zu versichern (reine Risikoversicherung).

Das Todesfallkapital würde im Leistungsfall, mit Ausnahme der geringen Erbschaftssteuer, steuerfrei an die Erben fließen. Diese Lösung gilt als erster Schritt für Unternehmen jeglicher Größenordnung.

Für die zweite Stufe der Versorgung bieten sich mehrere Möglichkeiten an: weitere Direktversicherungen, Pensionsrückstellungen mit Rückdeckungsversicherung oder ein Pensionskassenmodell. Da das Unternehmen - abgesehen von den Zusagen für das Management -einen völlig neuen Plan einführt, entscheidet sich der Betrieb in unserem Beispiel für die Pensionsrückstellungen, um den Plan so weit wie möglich betriebsintern zu finanzieren. Die Risikoleistungen, die mit diesem Plan verbunden sind, werden im Rückdeckungsversiche-rungsverfahren versichert. Analog zur Stufe zwei werden auch die persönlichen Zusagen an die Manager wie oben gehandhabt.

Der Autor ist Vorstandsdirektor der Ersten Allgemeinen Generali.

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