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Zweimal aufs falsche Pferd gesetzt?

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Vor einigen Wochen zeigte sich der oberösterreichische VP-Landessekre- tär Dr. Josef Ratzenböck im engsten Parteikreis eher sorgenvoll. Damals hatte er durch die Auftragsarbeit eines Meinungsforschungsinstitutes erfahren müssen, daß die Oberösterreicher von der SPÖ als Partei allgemein eine bessere Meinung haben, alš man vermutete: Kreiskys bundesweites Showtalent kommt einer eher farblosen SP-Riege unzweifelhaft auch landesweit zu Hilfe.

Jetzt hat Rątzenbock für diese Untersuchung schon wieder ein Lächeln übrig. In der oberen Lade seines Schreibtisches im Parteihauptquartier an der Oberen Donaulände liegt nämlich eine Photokopie, die das komprimierte Ergebnis einer Arbeit des Linzer IMAS-Instituts (Institut für Markt- und Sozialanalysen) über die Bekanntheit und Beliebtheit der oberösterreichischen Landespolitiker (Stand November 1976) enthält Die Beliebtheit der VP-Mandatare würde demnach, wenn es jetzt in Oberösterreich Landtagswahlen gäbe, der VP abermals die absolute Mehrheit sichern.

Details der neuen Untersuchung wie etwa die regional differenzierte Beliebtheit und Bekanntheit einzelner Politiker werden vom IMAS-Institut erst in dieser Woche ausgeliefert. Aber auch die ersten an die Öffentlichkeit gesickerten Daten sind interessant genug. Landeshauptmann und Parteiobmann Dr. Erwin Wenzl, der im Zeichen des Löwen - sein Sternbild inspirierte damals die Wahlwerbung - im Oktober 1973 die Volkspartei nach einem relativ ungünstigen Abschneiden Gleißners im Jahre 1967 wieder zur absoluten Mehrheit geführt hatte, liegt mit weitem Abstand an der Spitze aller oberösterreichischen Politiker: 94 Prozent aller Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher kennen ihren Landeshauptmann, 72 Prozent haben eine gute Meinung von ihm.

Dazu im Vergleich die von IMAS ermittelten Daten für den Führer der SP-Opposition, Dr. Rupert Hartl: Bekanntheit 73 Prozent, gute Meinung nur 37 Prozent. Dabei ist es nicht einmal der relativ große Abstand, mit dem Wenzl vor seinem Konkurrenten Hartl liegt, sondern viel mehr noch die Tatsache, daß der OKA-Vorstandsdi- rektor Josef Fridl (Hartls Vorgänger als Landeshauptmannstellvertreter) beim Wählervolk offensichtlich noch immer ebenso bekannt ist wie Hartl.

Hat die SP Oberösterreichs mit der Abwahl Fridls als Landeshauptmann stellvertreter beim skandalumwitterten Parteitag in der Ennser Stadthalle gleich zweimal aufs falsche Roß gesetzt? Fast scheint es so. Denn der Linzer Bürgermeister Franz Hillinger, zur Zeit Fridls Parteiobmann und vom Volksmund wegen seiner Liebe, zu ausgefallener Hemdenzierde gerne „Mascherl-Franz“ apostrophiert, liegt im Bekanntheitsgrad zwar hinter Wenzl, aber gleichzeitig auch relativ weit vor Hartl: 83 Prozent der Oberösterreicher kennen den Linzer Kommunalpolitiker und 46 Prozent - auch damit liegt Hillinger vor Hartl - haben auch eine gute Meinung von ihm.

Würde in Oberösterreich jetzt gewählt, ginge die SP mit einem Spitzenkandidaten ins Rennen, der weniger bekannt ist, als der Bürgermeister der Landeshauptstadt und den im Bekanntheitsgrad - ein weiteres wesentliches Faktum - mit Dr. Josef Ratzenböck sogar ein Kulturlandesrat überrundete. 76 Prozent der Oberösterreicher kennen den VP-Sekretär nämlich in seiner Funktion als Landesrat.

Intern wird man sich in der VP zwar vielleicht fragen, wieso es möglich ist, daß der AAB-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Possart (Bekanntheit 59 Prozent) hinter Ratzenböck liegt, aber insgesamt kann Wenzl mit seinem Team, das auf bunten Werbeplakaten derzeit auf einem fünfsitzigen Tandem durch die verschneite Landschaft radelt, mehr als zufrieden sein. Die VP-Regierungs- mitglieder liegen nämlich deutlich vor der SP-Konkurrenz. Die Landesräte Trauner (Wirtschaft) und Diwold (Landwirtschaft) haben mit 55 und 49 Beliebtheitsprozenten relativ weit vor ihren Konkurrenten Neuhauser (37 Prozent), Schützenberger (25 Prozent) und Reichl (23 Prozent) Stellung bezogen. An einem Detail wird der Vorsprung der VP-Riege vielleicht am deutlichsten. Der Landesschulratspräsident Dr. Karl Albert Eckmayr (zugleich Chef des christlichen Lehrervereins und Linzer Gemeinderat) liegt schon an elfter Stelle hinter SP- Landesrat Neuhauser (37 Beliebtheitsprozente) und noch vor den SP-Lan- desräten Schützenberger und ReichL

Wenn sich die politische Situation bis zum Oktober 1979 in Oberösterreich nicht grundlegend ändert, wird man trotz des offensichtlich auch im Land spürbaren Kreisky-Einflusses auch bei der kommenden Landtagswahl für die rote Mannschaft schwarz sehen müssen.

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