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Zweitausend Studenten werden jährlich beraten

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Die Unruhen im Iran haben die Weltaufmerksamkeit in besonderer Weise auf das Reich des Schah gelenkt, wo Österreich seit nun fast 20 Jahren bemüht ist, mit seinem Kulturinstitut in Teheran die kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu intensivieren. Aus kleinsten Anfängen hat sich das Institut zu einer Institution entwickelt, die durch ihre Veranstaltungen und Kontakte im kulturellen Leben des Landes einen festen Platz hat, berichtet der Leiter des Kulturinstituts, Dr. Helmut Slaby, im Rahmen der FURCHE-Serie „Österreichs Visitenkarte im Ausland“.

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Die Unruhen im Iran haben die Weltaufmerksamkeit in besonderer Weise auf das Reich des Schah gelenkt, wo Österreich seit nun fast 20 Jahren bemüht ist, mit seinem Kulturinstitut in Teheran die kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu intensivieren. Aus kleinsten Anfängen hat sich das Institut zu einer Institution entwickelt, die durch ihre Veranstaltungen und Kontakte im kulturellen Leben des Landes einen festen Platz hat, berichtet der Leiter des Kulturinstituts, Dr. Helmut Slaby, im Rahmen der FURCHE-Serie „Österreichs Visitenkarte im Ausland“.

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Was hat das Kulturinstitut in diesen 20 Jahren getan, was tut es jetzt, was tut sich dort? Spektakuläre Ereignisse sind in der Kulturarbeit immer leicht aufzuzei-, gen, doch übersieht man darüber, daß gerade diese Ereignisse nur die Spitze eines Eisberges sind. Der Großteil der Arbeit geschieht im stillen und dringt nicht an die Öffentlichkeit. Kein Mensch spricht über die rund 2000 iranischen Studenten, die im Institut wegen eines Studiums in Österreich beraten werden; niemand zählt die Eltern, die ihre Kinder nach Österreich schicken wollen - oft kann ein Internatsplatz besorgt werden -, nur global abzuschätzen ist die Zahl der Briefe, die auf Anfragen aus der Provinz hin mit Informationen und oft auch mit österreichischen Briefmarken hinausgehen.

Die Museen in Österreich? Die Sendezeiten' der österreichischen Kurzwelle für den Nahen und Mittleren Osten? Ausstellungen, Festspiele, Spielpläne, Konzertpläne, Sommerkurse, Bücher, Stipendien - nach allem wird gefragt, und fast alles kann beantwortet werden. Die Erfüllung eines Wunsches wie nach dem Photo eines österreichischen Lloyd-Dampfers von 1890 braucht seine Zeit, und wenn das Kulturinstitut Großtrappeneier nach Österreich liefern soll, dann kommt man in die Dimension des Unerfüllbaren, denn selbst im Reich der aufgehenden Sonne zählen die Großtrappen noch nicht zu den üblichen Haustieren.

Zu diesem täglichen Kleinkram kommen die Kontakte zu den einschlägigen Institutionen des Gastlandes. Gerade der Iran ist auf allen Gebieten in einem raschen Aufschwung begriffen, und dieser erfaßt auch das kulturelle Leben im weitesten Sinne. Jedes Jahr werden neue Universitäten, neue Fakultäten, neue Kulturzentren gegründet, die bestehenden Einrichtungen expandieren enorm. Mit dieser Entwicklung heißt es Schritt zu halten, denn österreichische Wissenschafter, Schriftsteller, Musiker, Maler, Architekten, alle Exponenten unseres kulturellen Lebens sollen Zugang zu diesen Toren haben, damit sie die Ereignisse ihres Schaffens präsentieren können.

Da setzt die Arbeit des Kulturinstituts ein. Es wird zum Vermittler, oft sogar zum Manager im wahrsten Sinne des Wortes. Alle musikalischen Tourneen und Vortragsreihen, die durch die Bereiche der Kulturinstitute Istanbul, Teheran und Kairo gehen, werden von Teheran aus organisiert. Kuwait gehört zum Amtsbereich, und die am Persischen Golf gelegenen Städte Saudi-Arabiens werden ebenfalls beschickt. So kommt es, daß Künstler auf solchen Tourneen allein im engeren Bereich des Teheraner Kulturinstituts bis zu zehn Veranstaltungen zu absolvieren haben. Da es etwa acht solcher Vortragsreisen und Tourneen pro Saison gibt, kann man sich die vorhin erwähnte Spitze des Eisberges unschwer vorstellen. Im Iran finden in Teheran, Isfahan, Schiras, Abadan, Ahwaz, Täbris und Mesched derartige Veranstaltungen statt, in Kuwait ■mit Hilfe der dortigen Botschaft in Kuwait-Stadt und in Ahmadi, in Saudi-Arabien in Dhahran, Ras Ta-nura und Abqaiq. Alle diese Veranstaltungen werden in Zusammenarbeit mit lokalen Veranstaltern durchgeführt, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Die Massenmedien werden mit Material versorgt und bringen ausführliche Berichte und Kritiken.

Naturgemäß ist die Zusammenarbeit auf universitärem Gebiet in Teheran am stärksten. Die germanistischen Abteilungen der Teheran-Universität und der National-Universität erhalten regelmäßig Bücherspenden, die Fakultät der schönen Künste und das Narmak College of Sciences laden immer wieder österreichische Professoren zu Vorträgen über Architektur, Sonnenenergie, Theaterwissenschaften ein, die medizini-

schen Fakultäten aller Universitäten greifen begeistert zu, wenn ihnen ein Vortrag eines österreichischen Professors angeboten werden kann. Die österreichischen Geographen und

Geologen genießen einen legendären Ruf im Lande und erhalten jede denkbare Unterstützung. Seit 1972 läuft eine Grabung der Universität Innsbruck bei Rezayeh in Azerbeid-schan, die vom Kulturinstitut initiiert worden ist und weiterhin betreut wird. Mit drei Universitäten laufen Verhandlungen wegen Lektoren. Lange Jahre hindurch war das Institut auch für die Fachschulen in Teheran und Isfahan zuständig, die vom Unterrichtsministerium zusammen mit einer iranischen Institution ins Leben gerufen worden sind.

Schriftsteller wie Fritz Hochwälder und Barbara Frischmuth wurden vorgestellt, ein Kunststoffsymposium wurde abgehalten, an der Me-

scheder Universität gab es einen Limnologie-Kurs, die „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“, eine Buchausstellung „Der Iran in der österreichischen Buchproduktion“ und etliche Einzelausstellungen waren zu sehen. Die Wiener Staatsoper und das Burgtheater wurden zu ihren Jubiläen präsentiert, jungen, vielversprechenden Musikern wird eine Chance gegeben, arrivierte Künstler, die oft selbst am Anfang ihrer Karriere diese Tournee gemacht haben, werden an das Symphonie-Orchester vermittelt. Bis vor einem Jahr gab es Deutschkurse, die dann aus Lehrermangel eingestellt werden mußten, und jeden Monat, sozusagen an der gerade noch sichtbaren Grenze des Eisberges, fast schon wieder Routine, finden in den Räumen des Kulturinstituts Film-, Videokassetten- und Absolventenabende statt. Wobei gerade den letzteren eine besondere Bedeutung zukommt, weil dazu nur ehemalige Studenten österreichischer Hochschulen kommen. So kann dem Schlagwort der „Nachbetreuung“ ganz zwanglos entsprochen werden, und die vielen Verbindungen, die sich gerade dadurch schon ergeben haben, beweisen, daß dieser Weg richtig ist.

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