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Zwischen Nationalismus und Anpassung

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Wenn Frantisek Miklosko, Parlamentspräsident der Slowakei, am Sonntag nach dem Gottesdienst die Kapuzinerkirche in Bratislava/Preßburg verläßt, kommt es in letzter Zeit immer häufiger vor, daß andere Gottesdienstbesucher vor ihm ausspucken: Ausdruck der Verachtung für „den Verräter" der Nation. Die Saat des Nationalismus, ausgesät von der Slowakischen Nationalpartei und von Ex-Premier Vladimir Meciar, der sich von der mit Miklosko gemeinsam geführten Bewegung „Öffentlichkeit gegen Gewalt" mit einer eigenen Partei absentierte, geht auf.

Miklosko wird in anonymen Briefen, beispielsweise an die Kirchenzeitung „Katolicke noviny", - obwohl Mathematiker - als Dr. theol. bezeichnet und ge meinsam mit dem neuen Kardinal Jan Korec von Nitra als Vertreter eines neuen Klerikalismus in der Slowakei beschimpft. Ironie am Rande: Gerade die Kirche steht in der Slowakei an der Seite der Nation und verteidigt sie.

Neben den Auswüchsen des Nationalismus macht sich auch Unverständnis gegenüber der neuen Freiheit bemerkbar. Um beruflich oder schulisch weiterzukommen, bekennt so mancher in Zuschriften an Zeitungen, sich taufen oder firmen haben zu lassen. Wie weiland die Zugehörigkeit zur Partei oder die Teilnahme an KP-Jugend„weihen", wird der Systemwechsel noch nicht mit Freiheit, sondern nur mit anderen Gegebenheiten assoziiert, denen man sich eben anzupassen hat.

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