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Zwischen Selbstgefühl und Hybris

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Angesagte Revolutionen finden nicht statt: Norbert Steger hat beim FPÖ-Parteitag in Salzburg — mit kleinen Schrammen — ein achtbares Ergebnis erzielt. Jörg Haider hat, nach den großen Tönen im voraus, die Blamage. Jedenfalls hatte er keinen Gegenkandidaten im Talon.

Unterscheidet sich der Liberale vom Pragmatiker jedweder Herkunft angeblich dadurch, daß sich ersterer regelmäßig für seine Sache engagiert, während der zweite nur dort zu Engagement findet, wo er unmittelbaren Erfolg wittert, war das liberale Element beim Parteitag unterrepräsentiert. Vom Pragmatismus zum Opportunismus ist es nur ein kleiner Schritt.

Eiserne Parteidisziplin, bisher Schrecken in liberalen Ohren, ist plötzlich zu liberaler Tugend geworden. Das ist der Preis für die Stabilisierung nach außen. Die Realität der Koalition mit der SPÖ anerkennen heißt noch lange nicht, das Augenmaß verlieren zu müssen.

Ist der Liberale angeblich einer, der nicht unkritisch mit Ja oder Nein Stellung nimmt, sondern lieber das „Sowohl als auch" sagt, waren die Liberalen in der Salzachstadt dünn gesät. Die FPO als „treibende Kraft" (Steger) der (Regierungs-)Politik überhaupt, zu der es schier unmöglich ist, Oppositionspolitik zu machen (Peter): liberales Leistungsbewußtsein mutiert zu freiheitlicher Hybris.

Das hat auch die Pläne rund um die Neuformulierung des Parteiprogramms überschattet, das im nächsten Jahr beschlossen werden soll. Begrüßenswerte neue Ansätze - etwa das Bekenntnis zu einem „großzügigen Minderheitenschutz" — stehen zu Recht in der Auslage, ebenso wie man mit einigem Recht weiterhin fragen kann, ob die FPÖ künftig eine mehr liberale oder mehr nationale Tradition zu pflegen gedenkt.

Eines, das jedenfalls scheint klar, wird die FPÖ nicht: eine liberale Weltanschauungspartei. Ebenso klar ist aber, daß liberale Komponenten allein noch nicht zur Abgrenzung gegenüber den anderen Parlamentsparteien beitragen, weil diese dort ebenso beheimatet sind. Exklusiv kann die FPÖ nur das Nationale für sich reklamieren — doch mangels Diskussion ist noch verschwommen, was man darunter zu verstehen hat.

Ob aber eine Klärung dieser Frage der FPÖ verlorene Wähler zurückbringt? Haben ihr nicht in erster Linie die Protestwäh'.er den Rücken gekehrt?

Die Oppositions-FPO verstand sich schlechthin als eine Art „Anti-Partei". Durch den Regierungseintritt ist sie eine andere Partei geworden, dritte Kraft im guten, Allerweltspartei im weniger guten Sinn. Sie hat sich, sie hat nicht das System geändert. Und das wird jetzt fanatisch verteidigt. Fanatismus, sollte man glauben, wäre dem Liberalen fremd.

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