6830259-1974_34_16.jpg
Digital In Arbeit

Zwischen Wien und Krems..

Werbung
Werbung
Werbung

Das Mäzenatentum wird in Österreich staatlicherseits nicht sehr gefördert. In den USA, in Großbritannien, aber auch in Deutschland können Spenden für Wissenschaft, Kunst, Caritas bis zu einem gewissen, nicht geringen Prozentsatz von der Steuer abgezogen werden. Viele amerikanische Institute, Universitäten, Bibliotheken würden ohne diese Förderung gar nicht existieren. Der österreichische Staatsbürger hat nicht viele Möglichkeiten ein Mäzenatentum auszuüben. Bis vor kurzem waren Spesen für die politischen Parteien eine Steuerabzugspost, wobei es fraglich ist, ob hier von Mäzenatentum geredet werden kann. Spenden für die Wiener Akademie der Wissenschaften sind eine Steuerabzugspost, aber diese Begünstigung kann wirklich nur selten in Anspruch genommen werden. So liegt das Mäzenatentum, die Unterstützung der Kunst und der Wissenschaft, die Erhaltung künstlerischer Objekte in erster Linie in öffentlichen Händen. Der Bund, die Länder, die Gemeinden haben praktisch die einzige Chance, Kunst und Wissenschaft wirksam zu unterstützen. Eine nicht sehr glückliche Einrichtung.

Allerdings gibt es daneben hie und da die Möglichkeit dennoch von privater Seite ein Mäzenatentum auszuüben: so gelingt es dem „Verein der Musikfreunde“ in Wien immer wieder, wertvolle Kunstgegenstände anzukaufen und den österreichischen Museen zur Verfügung zu stellen.

Auch die Kirchen haben die Chance, bei Renovierung oder Errichtung neuer Kirchen vieles für die Kunst zu tun.

Die größte Chance, die Kunst zu unterstützen besitzen Unternehmungen die wertvolle Gebäude für Ihre Betriebszwecke erwerben und erhalten können und sie auch mit Kunst-gagenständen ausstatten können.

Luxushotels, wie z. B. das Hotel Sacher in Wien, haben so die Chance, wertvolle Gemälde und Bilder für die Räume ihrer Restaurants, Hallen und Appartements zu erwerben und diese Erwerbungen dennoch von der Steuer abziehen zu dürfen. Manche Banken verwenden auch ihre Uberschusse dazu, um wertvolle Gemälde bei Versteigerungen zu erstehen und damit die Räume ihrer Generaldirektionen auszuschmücken.

Ein hervorragendes Mäzenatentum im bezug auf Bauwerke hat sich in den letzten Jahren Österreichs größte Bank, die Creditanstalt-Bank-verein, angedeihen lassen. Nicht zuletzt durch das grosse Interesse des Generaldirektors der Bank für die Kunst Dr. Treiohl, der ein Großneffe des berühmten Wiener Architekten Ferstel ist.

Eine Glanzleistung Ihres Mäzenatentums ist die „Revitalisierung“ des Hauses Linke Wienzeile 38 und der Häuser Schottenring 8 und 10.

Das Haus Linke Wienzeile 38, ein Eckhaus, das in die Köstlergasse hineingeht, stammt von Otto Wagner persönlich. Es ist ein Schmuckstück besonderer Art. Auch die Nachbar-harhäuser auf der Linken Wienzeile und der Köstlergasse stammen von Otto Wagner, Sie entstanden um 1900 und Otto Wagner war zugleich ihr Bauherr und Architekt. Im Haus Linke Wienzeile 38 hat er eine Zeitlang selbst gewohnt. Die Wienzeilenhäuser sind Höhepunkte im Miet-hausscbaffen Otto Wagners. Sie zählen aber auch zu den künstlerisch bedeutendsten Wiens dieser Epoche. Das Ornament des Jugendstils erscheint hier voll ausgereift und souverän angewendet. Wer Zeit hat, möge auch einmal das Innere dieser Häuser besichtigen, er wird entzückt sein über die herrlichen Treppen, die herrlichen Geländer, die herrlichen Eingangstüren. Die Renovierung dieses Eckhauses, das erst seit 1951 unter Denkmalschutz steht, war besonders kostspielig, denn der gesamte ornamentale Schmuck bis hinauf zum Kranzgesims mußte echt vergoldet werden. Wenn die Sonne auf dieses Haus scheint und die vergoldeten Gesimse aufblitzen, ergibt dies einen unvergleichlichen Anblick. Schräg gegenüber diesem Otto-Wag-ner^Prachtbau befindet sich eine der Stationen der Wiener Stadtbahn. Auch diese Stationsgebäude wurde bekanntlich von Otto Wagner geschaffen. Aber dieses Gebäude ist im desulatesten Zustand. Wenn die zuständigen Herrn des Magistrates der Gemeinde Wien an diesen Gebäuden vorbeigehen, müßten sie eigentlich ein schlechtes Gewissen bekommen, wie sie das Schaffen Otto Wagners betreuen;

Der Naschmarkt sollte einst zu einer Prachtstraße für den Kaiser von Schönbrunn in die innere Stadt ausgebaut werden. Der Plan wurde natürlich aber nie verwirklicht, blieb stecken, wie so vieles in Österreich. Aber das renovierte Otto-Wagner-Haus der CA gibt eine Ahnung, wie diese Prachtstraße ausgesehen hätte. Es ist ein Glück, daß sich in diesem Haus eine Filiale der Creditanstalt befindet und diese damit die Chance hatte, dieses so glanzvoll zu renovieren.

Nicht minder gelungen ist der Creditanstalt die Renovierung der Häuser Schottenring 8 und 10, die sie nach dem Krieg als Nachbargebäude ihrer Zentrale erwerben konnte. Beide Gebäude waren durch den Krieg schwer zerstört worden. Erbaut 1869 bis 1870 nach den Plänen des Architekten Hinträger, eines Schülers von Siccard gehören sie mit zu den schönsten Häusern der Ringstraße. Auch hier gab die Renovierung die Chance, nicht nur entstandene Schäden auszubessern, sondern die im Laufe hinzugekommenen Zutaten zu beseitigen, sowie dia Fassaden in Farbtönen anzumalen die wirklich nur als bestens gelungen genannt werden können.

In ähnlich guter Weise wurde vor kurzem die Fassade des Hotel Imperial, das ja ebenfalls zum CA-Kon-zern gehörte, renoviert, was nicht weniger als zweieinhalb Millionen kostete, verständlich angesichts des riesigen Komplexes dieses Hotels, ehemals ein Palais des Herzogs von Württemberg und von allen österreichischen Staatsbesuchern frequentiert. Wer Zeit hat, der mache einen Sprung in das Innere des Hauses Schottenring 10, um das Foyer und das Stiegenhaus zu bewundern. Sein Blick wird an einem Deckengemälde hängen bleiben, das die drei Grazien gemalt von August Eisenmänger, darstellt.

Durch die Eingliederung dieser Häuser in den Bürokomplex Zentrale haben diese Häuser eine neue Funktion erhalten, wobei bemerkenswert ist, daß die Adaptierung der Häuser für ihre neuen Bestimmungszwecke ein geglücktes Beispiel dafür sind, daß die Adaptierung erhaltungswürdiger Gebäude für moderne Bürozwecke ein wertvoller Beitrag zur Erhaltung des Stadtbildes sein, kann. *

Noch auf zwei weitere Objekte sei hingewiesen, die der Creditanstalt iie Erhaltung und Verschönerung verdanken: Die Fassade der Filiale in Stein a. d. Donau, in der Nähe des Geburtshauses des berühmten Malers Kremser-Schmidt. Das Haus mit dem dahinterliegenden Arkadenhof stammt aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts die daran „geklebte“ Barockfassade aus der 2. Hälfte des 18.Jahrhunderts. Stein ist eine der schönsten Städte Österreichs. Um so mehr ist der Besucher erfreut, wenn er bemerkt, dass wieder eine Fassade der Verwahrlosung entrissen wurde.

Und zuletzt sei auf das kleine Haus in der Himmelstraße 9 im Kern von Grinzing verwiesen, das einst Wirtschaftsgebäude, möglicherweise ein Stall des daneben gelegenen Jagdschlosses gewesen sein mag. Auch hier wurde die Fassade kunstvoll renoviert und damit gerettet.

Mäzenatenzum ist angeblich in Österreich nicht möglich, die angeführten Beispiele zeigen, dass diese Behauptung nicht stimmt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung